Mittwoch, 26. Januar 2011

Kurzer Exkurs: Was ein Handkuss und die Bahn gemeinsam haben (sollten)

Gute Manieren. So manch einer fragt sich vielleicht an dieser Stelle, wovon ich hier rede und was das überhaupt ist. Nun, das ist demjenigen nicht einmal zu verübeln, denn ich wage die Behauptung aufzustellen, dass gewisse Sitten und Charakterzüge tot sind. Vereinzelt zucken sie noch bei dem einen oder anderen seltenen Expemplar Homo Sapiens, doch scheint es beinahe unmöglich, das Massensterbern zu beenden: Gute Manieren sind vom Aussterben bedroht.

Ich halte mich stets für eines dieser raren Exemplare, wenn ich mir die anderen so ansehe. Die Tür hält einem keiner mehr auf, für alte Menschen erhebt sich in Bus und Bahn auch niemand, kaum einer weiß Bitte und Danke im rechten Moment einzusetzen und vieles, vieles mehr weiß niemand. Zu vieles, das ohnehin längst früheren Zeiten angehört und heute als stumpf, altmodisch und überflüssig abgetan werden würde. Ich kenne keinen, der seine Freundin oder eine Dame, wie sie niemand mehr bezeichnen würde, mit einem Handkuss begrüßt. Dabei ist diese Geste äußerst romantisch, wie ich finde. Lädt man die Begleitung in ein Restaurant ein und hilft ihr dann auch noch aus und in den Mantel, wird man wohl rasch als spießig betitelt. Das war einmal und wird nie wieder sein. Das wird mir besonders im Großstadtleben klar. Als herausstechendes Beispiel habe ich mir die allseits geliebte Deutsche Bahn herausgesucht. Die Unzuverlässigkeit, Freundlichkeit und Flexibilität einmal völlig außen vor gelassen, lenke ich den Blick einmal auf den Moment der Zugeinfahrt. Die Szene ist doch stets gleich: Ein Bahnsteig voller Menschen, zuerst recht gut verteilt. Hin und wieder schubst und drängelt sich ein Einzelner vorbei, der sich seinen Weg durch die Wartenden auf dem Steig bahnt, doch das stört schon gar nicht mehr. Darüber hat man sich oft genug aufgeregt und schluckt die Wut. Dann die Durchsage, der Zug fährt jeden Moment ein. Man spürt die aufsteigende Unruhe in der Masse, die sich nun entlang der weißen Sicherheitslinie aufzureihen beginnt. Dann fährt die Bahn ein. Die Bahn kommt. Tatsächlich. Gehetzte, geile Blicke. Jeder will einen guten Platz ergattern. Der Zug hält, an den Türen sammeln sich Menschentrauben und hier kommen die mangelnden Manieren ins Spiel. Alles vorher war im Bereich des Neumodischen. Die Türen öffnen sich. Noch geilere Blicke, die geiern. Man sieht es ihnen allen an. Und man spürt es an den Ellenbogen, die einem in alle erdenklichen Körperteile stechen und drücken, an den Händen und Leibern, die drücken, drängeln und quetschen, ganz gleich wen: jung, alt, stark, zerbrechlich - nun zählt nur eins: man selbst und nur man selbst. Wie immer eigentlich. Rücksicht ist eh altmodisch und Nächstenliebe sowieso der letzte Mist. Mir hat man zumindest noch beigebracht, dass man andere erst aussteigen lassen soll, doch auch das scheint so langsam in die Kategorie "tot, vergessen, doof, überflüssig und altmodisch" zu fallen. Schade. Mir schien diese Idee immer einleuchtend zu sein. Wie so vieles längst Vergessenes. Aber ich bin wohl einfach spießig. Und ich werde spießig bleiben, auch wenn ich als Ausnahme lediglich die Regel bestätige. In diesem Sinne: Weckt die Sinne und gute Nacht.

Dienstag, 18. Januar 2011

Allein mit dir

Die Zurufe für ein frohes neues Jahr sowie all jene damit verbundene Wünsche erspare ich dem Leser an dieser Stelle, denn wie wir alle inzwischen gemerkt haben sollten, werden persönliche Vorsätze bereits heute - in der dritten Woche des neuen, hoch angepriesenen Jahres - vergessen und über Bord geworfen sein, wo sie auf dem Boden der Tatsachen elendig vergammeln. Ja, so ist das Leben könnte man nun zusammenfassend sagen. Das neue Jahr hat man bereits einen Tag, bevor es überhaupt begonnen hat, gefeiert und gepriesen, ohne zu ahnen, was es bringt. Das neue Jahr wird nicht besser, weil man Raketen und sonstige Fontänen in die Atmosphäre und Mutter Erde damit zur Feier des Jahresbeginns sogleich mitten in die Fresse ballert. So viel zu verschwendeten Worten von Vorsätzen, falschen Versprechungen und Feuerwerk. Das war eigentlich nur die Einleitung. Willkommen im nächsten Jahrzehnt. Auch hier dreht sich die Erde weiter, auch hier gibt es Verpflichtungen, auch hier bist du allein mit dir.

Allein - ein weiter Begriff, der doch nicht mächtiger sein könnte. Was ist alleinesein, wo fängt es an und wo hört es auf? Gibt es das überhaupt oder gibt es nichts anderes? Ich sitze in meiner Wohnung, kein Besuch. Nur das Ticken der Uhren und sonst nichts. Sonst Stille, ich bin allein. Es gibt Augenblicke, da liebe ich es, wenn die Welt schweigt. Wenn niemand da ist, den ich ansehen, auf den ich reagieren muss. Wenn niemand da ist, der registriert, dass ich überhaupt existiere. Das sind Momente des einsamen Glücks. Und dann gibt es solche, in denen die äußere Leere sich mit dem Inneren verbindet und aushüllt mit Nichts. Das sind die anderen Momente. Über die man nicht gerne redet. Jeder kennt diese Momente, doch wird stets der "andere" Moment überwiegen, wenn man eines Tages vielleicht rückblickend sein Leben analysiert und anschaut. Wir werden allein geboren und wir sterben allein. Natürlich kann es Menschen geben, die uns die Hand halten, während wir entschlafen, doch all jene Menschen, die unseren Lebenspfad kreuzen - Freunde, Partner, Familie - sind nichts als Begegnungen, die uns ein Stück begleiten. Auch wir sind für sie nichts anderes. Ein Freund sagte einmal zu mir, dass wir alle - jeder für sich - in einer eigenen Welt leben und man lediglich die des Anderen berührt, im besten Fall ein wenig bereisen kann, aber uns all unser Bemühen, all unsere Fassade niemals vor dem einsamen Abgang bewahren wird. Ich sage nicht, dass diese Begegnungen nicht bereichern oder nicht wunderbar sein können. Nur ändert sich dadurch nichts an dem menschlichen Schicksal, auch wenn dies ein durchaus fragwürdiger Begriff ist, den ich aber in diesem Zusammenhang doch gern verwenden möchte.

Während ich diesen Text so ganz allein in meiner Wohnung tippe und nichts als das leise Ticken der Uhren vermischt mit dem wilden Tippen auf meiner Tastatur vernehme, fühle ich mich nicht wohl. Doch sollen uns in diesen Momenten die Gedanken trösten. Gedanken, Erinnerungen lassen uns ein wenig weniger allein dastehen und erinnern uns zugleich daran, wie wichtig es ist, zu leben.

Den Weg der Wahrheit müssen wir alleine gehen, auch wenn alle mitkommen. (Bernhard Steiner)

Mittwoch, 5. Januar 2011

Ganz unkreativ

und kurz (und schmerzlos sowieso) diese minimale Mitteilung: In den kommenden Tagen wird hier, genau hier, ein neuer Eintrag stehen. Für die wenigen Beiträge in den letzten Wochen möchte ich mich entschuldigen, in diesem Jahr wird es mehr zu lesen geben. Also an alle Ungeduldigen da draußen: Geduld ist leider tatsächlich eine Tugend, zahlt sich oft aber aus und das gefällt doch bekanntlich jedem. Frohes und auf ein Neues!