Sonntag, 31. Juli 2011

Gefühl los

Mir wurde heute gesagt, ich sei kalt geworden. Rücksichtslos. Herzlos. Das stimmt. Ich bin mein Herz los und somit kalt, denn ohne Herz kein Leben, das durch meine Venen fließt. Sie erkalten und ich bin tot. Irgendwie. Zwar nicht körperlich, doch irgendwie geistig. Ich schreibe sonst stets davon, in der Hoffnung, jeder oder zumindest fast jeder würde es kennen, doch diesmal wünsche ich es eigentlich niemandem: das Gefühl der Gefühllosigkeit. Es ist ein komisches Gefühl.

Ich könnte keinem so recht erläutern, wie es soweit kommen konnte und irgendwie würde ich es auch gar nicht wollen. Jegliches Gefühl verlieren, das ist nichts, worauf man stolz ist, was man gern hat und worüber man gern spricht. Es ist einfach fort, lässt leer zurück mit dem Gefühl, dass alles fehlt. Da ist keine Freude, die einen trösten und hinweghelfen kann. Und da ist keine Trauer, die einen weinen lässt. Es ist nichts mehr da. Nichts. Man ist allein, so allein, wie man nicht sein kann, denn jeder Einsame fühlt sich einsam. Doch man selbst fühlt nichts. Nicht einsam, nicht glücklich, nicht traurig und auch nicht verliebt. Nicht geliebt und nicht entliebt. Man wacht auf, Tag für Tag und fragt sich, aus welchem Grund, wenn an keinem Ort der Welt etwas wartet, das einen aus dem Traum reißt, der sich anfühlt wie eine schlechte Trance. Bei der man genau merkt, dass alles falsch ist, doch aus der man sich nicht befreien kann, weil man auf eine nicht kontrollierbare Weise hilflos, bewegungsfähig und taub ist. Also geht der Weg weiter, Schritt für Schritt ohne eine Richtung.

Was ist leben ohne Gefühle? Es gleicht einem Teufelskreis und es ist, als ob der Teufel selbst die Karten mischt. Er versucht zu verführen und es gelingt ihm, weil man diesen kleinen Rest Hoffnung hat. Man verkauft den Schluck Hoffnung an den Teufel und ist mittendrin, nur nicht darin, was sich leben nennt.

Jede helfende Hand, die sich streckt zu helfen, wird übersehen, weil man blind ist. Jedes Wort, das sich müht zu helfen, wird überhört, weil man taub ist. Jeder Geruch, der einen zurückreißen will in die vertraute Welt, wird nicht wahrgenommen, weil man den Sinn verloren hat und jedes Gefühl, das sich bemüht, sich in die Haut zu bohren, wird überfühlt, weil man es los ist. Es ist ein Teufelskreis und nur der Teufel kennt den Ausweg.

Ich bin mein Gefühl los, wer hat es gefunden?

Donnerstag, 21. Juli 2011

Wahrheit oder Pflicht (nicht)

So. Da bin ich wieder. Ganz offensichtlich. Ich muss mich für meine Inaktivität der letzten Wochen wirklich entschuldigen. Ich kann nicht einmal mit einer super kreativen Ausrede dienen, nur mit der bloßen, nackten Wahrheit: Uni-Klausuren.

Die Wahrheit ist doch eine Wissenschaft für sich. Warum gibt es sie eigentlich nicht als Studienfach? Vermutlich, weil keiner sie beherrscht. Jeder Mensch lügt und das jeden Tag und dazu noch mehrfach. Eigentlich erschreckend, wenn es nicht so normal und natürlich wäre. Der Mensch hat eine starke Tendenz zur Lüge und das aus den verschiedensten Gründen: zum Schutz, aus Angst, aus Faulheit, zu seinem persönlichen Vorteil oder einfach nur so. Bei manchen scheint es erschreckend chronisch. Ich möchte hier kein Hasslied auf die Bosheit der Lügen kreieren oder gar singen, denn lügen ist nun einmal - genau wie das Irren - menschlich. Notlügen oder die Lügen Fremder sind einem im Normalfall gleich und das ist auch gut so. Schließlich hat man stets genug mit sich selbst zu tun. Oder hin und wieder seinem Umfeld. Und dort wird die Lüge gefährlich. Wenn Freunde es mit der Wahrheit nicht so halten, dann steht die Gefahr vor der Tür. Oder sie sitzt schon neben einem, raucht, trinkt und lacht einem vielleicht sogar ins Gesicht. Ein verlogenes Lachen sieht häufig aus wie ein normales, das ist das Doofe am trainierten Lügner. Er macht es schließlich nicht zum ersten Mal mit einem, lügen ist ihm ein liebes Hobby geworden. Das Verlogene wie eine Ganzkörpermaske, die exakt so aussieht wie der so vertraut geglaubte Freund. Man wird selten den Unterschied merken und damit belogen. Von vorn bis hinten und von oben bis unten. Er ist ein guter Freund, denkt man. Vielleicht ist man sogar soweit, dass man ihm vertraut, ihm Dinge erzählt, Geheimnisse. Er lächelt einem dabei selbstverständlich verständnisvoll zu und man fühlt sich verstanden. Und irgendwann hört man seine Geheimnisse plötzlich aus dem Mund anderer und es trifft mitten ins Herz. Man fühlt sich betrogen und belogen.

Mit der Wahrheit ist es schwierig, doch mit ihr erkennt man die wahren Freunde. Die Wahrheit ist stets ein gutes Indiz für einen guten Menschen. Auch wenn sie manchmal erst einmal schmerzender sein kann, als eine schöne Lüge (wenn es schöne Lügen überhaupt gibt). Ein wahrer Freund, das kommt sicher auch von Wahrheit. Kein Freund würde dein Vertrauen ausnutzen. Kein Freund würde deine Geheimnisse, Probleme, Sorgen, Ängste ausplaudern, egal, aus welcher Laune heraus. Kein Freund würde nur dann deine Nähe suchen, wenn er gerade einmal wieder etwas braucht oder ihm langweilig ist. Kein Freund versucht seine Macht über dich zu testen.

Hin und wieder sollte man über seinen eigenen Tellerrand hinwegsehen und auf sein Umfeld achten. Vielleicht erhascht man so einmal eine falsche Schlange dabei, wie sie gerade ihre Lügnermaske überzieht. In diesem Fall am besten sofort wegsperren aus dem eigenen Leben und nie wieder an sie denken. Das merken sie am meisten und das hinterlässt selbst bei ihnen eines Tages einen Schmerz, der sie zerfressen wird, irgendwann, wenn sie dann allein sind. Man vergisst sie irgendwann, doch sie, sie werden einen niemals vergessen. Darauf gebe ich mein Wort.