Montag, 22. November 2010

Liebeserklärung an...

...die deutsche Sprache. Ja, ich liebe die deutsche Sprache. Denn man kann fast alles mit ihr machen; man kann sie lesen, deuten, singen, sprechen, stottern, schnorcheln, rückwärts sprechen, aufsagen, auswendig lernen, denken, hauchen, ins Ohr brüllen, stöhnen, kreischen, verschweigen, zustimmen, widersprechen, streiten. Man kann wild mit ihr wiederholen, kreuzreimen, paarreimen oder sogar umarmend reimen, sie verbildlichen, steigern, mit ihr maßlos übertrieben oder auch untertreiben, sie überkreuzstellen, andeuten, beschönigen, lautmalern, umstellen, reizüberfluten und mit ihr verwirren. Man kann mit ihr gewinnen und triumphieren. Und trotzdem wird sie gnadenlos misshandelt. Sie wird geschlagen, droht langsam einzugehen und windet sich unter der Dummheit so vieler Menschen, die sie leider benutzen.

Einer meiner Dozenten sagte letzte Woche zu uns, dass wir einen gesicherten Job hätten als angehende Germanisten, denn spätestens in 20 Jahren sei die deutsche Sprache eine Wissenschaft, die nur Gelehrte anzuwenden wissen werden. So wird kaum ein anderer in der Lage sein, sich angemessen auszudrücken oder überhaupt rechtschreiblich unbedenklich zu kommunizieren. Und dann kommen wir. Ich habe meinem Dozenten sofort geglaubt, denn die deutsche Sprache verkommt. Nicht durch Werbeslogans wie "Da werden Sie geholfen" oder durch Anglizismen wie Handy oder googlen. Nein, ein Blick auf die Neuigkeiten in meinem Facebook reicht vollkommen aus. Das Internet ist da sowieso Schauplatz des Elends. Da schreibt eine/r mit aller Selbstverständlichkeit "daführ", "kanst", "überseuerter margen" oder einfach "weis". In Momenten wie solchen, in denen ich so etwas lese, weiß ich nicht so recht, ob ich schockiert dreinblicken oder einfach gleich die Stirn auf die Tastatur hämmern soll, denn ich kann so etwas nicht verstehen. Die einzige Entschuldigung für eine derart schlechte Rechtschreibung ist für mich eine nachgewiesene Lese-Rechtschreib-Schwäche oder ähnliches.

Natürlich muss man in Sachen korrekter Rechtschreibung und Ausdrucksweise gerade in Bezug auf das Internet/Kommunikationsplattformen und dem wahren Leben unterscheiden. Viele rechtfertigen falsche oder sogar ganz und gar fehlende Kommasetzung sowie ihre schlichtweg beschämende Rechtschreibung damit, dass es ja "hier kein Deutschunterricht ist", dass "es hier doch egal ist, wie man schreibt". Vielleicht ist es das. Vielleicht aber auch nicht. Wie ich mit Erschrecken vor einigen Tagen in der Uni feststellen musste, sind selbst Menschen, die es bis dorthin gebracht haben und peinlicherweise sogar Deutsch studieren, nicht in der Lage, richtig zu schreiben. Vielleicht war diese Person aber auch häufig im Internet tätig und hat es daraus übernommen, wer weiß. Mir schießen Rechtschreib- und Grammatikfehler sofort ins Auge, ob online, in der Uni, unterwegs oder in der Werbung - sie sind überall. Leider. Wir Germanisten führen einen harten Kampf.

"Es ist unglaublich, wieviel Geist in der Welt aufgeboten wird, um Dummheit zu beweisen.
"
(Christian Friedrich Hebbel)

Zu erwähnen ist hier natürlich auch die Jugendsprache von heute und ich meine nicht Ausdrucksformen wie cool, Hackenporsche oder Tussitoaster. Ich meine diejenige Ausdrucksweise der - ich wage es mal, es so zu bezeichnen - geistig verarmten Jugend ohne Perspektive(n). Ganz abgesehen vom teils unbegründet asozialen Verhalten und wüsten Beleidigungen, die ich hier gar nicht aufführen möchte, weil sie sich eh jeder denken kann, gibt es da diese Formulierungen wie "Isch schwör, alta", die dem Deutsche-Sprache-Junkie einen kalten Schauer bereiten. Doch dies ist eine andere, sehr komplexe Thematik, weshalb dieser Gedankenanstoß an dieser Stelle alleingelassen werden soll.

Nur warum? Warum lassen viele diese Sprache durch hässliche Formen und Formulierungen derart verkommen und vergewaltigen? Ist sie euch nicht schön genug? Dann sucht euch einen anderen Doofen! Die Sprache ist ein Geschenk und eine wertvolle Gabe, die einen überall hinbringen kann. Sind wir ihr nicht angesichts dessen ein wenig Anerkennung schuldig?

Ein Wort wird mit ß geschrieben, wenn es einem langen Vokal folgt, wie in Straße, groß oder Muße. Dem Doppel-s geht ein kurzer Vokal voraus, wie bei Fass, muss oder Riss. Das Das hinter dem Komma wird dann mit Doppel-s geschrieben, wenn etwas eine Folge aus etwas ist (Der Mann wusste, dass sie lebt) und nur dann mit einem S, wenn sich das Das auf ein Nomen im Hauptsatz bezieht (Sie streichelte das Rentier, das auf einmal im Zimmer stand). Wider wird immer dann nur mit i geschrieben, wenn es etwas Gegensätzliches/Widersprüchliches ausdrückt, wie zum Beispiel bei Widerstand, Widerwille, zuwider. Kommata sind ebenso kein sehr schwieriges Feld. Als Faustregel gilt: Ein Komma soll sinnvolle Pausen in den Gedankengang bzw. für das Sprechen bringen. Es ist manchmal besser, lieber ein Komma mehr zu setzen, als eins zu wenig. Genaue Kommaregeln können bei Google mit höchster Wahrscheinlichkeit nachgeschlagen werden. Das wäre an dieser Stelle doch ein wenig zu übertrieben und würde mich in ein etwas zu hochnäsiges, besserwisserisches Licht rücken und das wollen wir ja nicht. In diesem Sinne fasse ich ein äußerst kurzes und zudem geklautes Resümee:

Gebt euch nicht auf - lernt lesen und (vor allem) schreiben!

(Und: Schämt euch, aber nicht zu sehr. Ich helfe gern weiter.)

Donnerstag, 4. November 2010

Ode an...mich

Schluss mit allen Verallgemeinerungen und Schluss mit all dem zumeist sentimental-theatralischen Gemotze! Heute, hier und jetzt widme ich mich nur mir selbst. Ganz persönlich, ganz ich. Eine Ode an mich selbst... oder so ähnlich. Nein, eigentlich nicht. Eigentlich ist eine prunkvolle Vorrede überflüssig, es folgt nichts Ergreifendes. Jeder, der zu viel erwartet, sollte an dieser Stelle besser wegschauen, denn es geht knallhart und ohne weitere Umschweife nur um das Eine: mich. Warum? Weil ich es möchte. Spaß beiseite (oder auch nicht), manch einen interessiert es vielleicht (oder auch nicht). Es wird monoton, stumpf, zusammenhangslos und egoistisch... Und sagt am Ende nicht, ich hätte euch nicht gewarnt.

Ich wurde geboren in Hamburg, aber meine Mutter zog zu meinem Vater, als ich zwei Jahre war und so bin ich in Berlin aufgewachsen. Vor einem Monat bin ich aus Berlin ausgezogen, allein, nach Düsseldorf, allein. Es ist super. Ich studiere Germanistik mit dem Ergänzungsfach Linguistik. Bevor die Frage kommt: Linguistik ist die Sprachwissenschaft und ziemlich öde. Ich wohne im 5. Stock und das ohne Aufzug! Montag bekomme ich endlich eine Waschmaschine, die in den Waschkeller kommt, was bedeutet, dass ich zum Wäschewaschen 6(!) Stockwerke laufen muss. In der Schule war ich faul und habe mich nie mündlich beteiligt, weil ich der Ansicht war, das können auch andere für mich sagen, auch wenn ich es weiß. So kam mein Durchschnittsabitur von 2,7 zustande. Ich habe im Kindergarten mit meinem damaligen besten Freund mein erstes Buch geschrieben. Es ging um einen Banküberfall. Meine Rechtschreibung damals mit 9 war besser als die der meisten Menschen, die ich heute im Internet lese und das ist nicht übertrieben. Ich liebe den Herbst und ich liebe den Winter. Ich liebe die Weihnachtszeit, Weihnachtsmärkte, Weihnachtsduft, Weihnachtsdeko, Weihnachtsplätzchen, Schnee und alles, was dazu gehört. Am meisten mag ich den Weihnachtsmarkt in Braunschweig. In Braunschweig fühle ich mich zu Hause, obwohl ich dort nie gelebt habe. Ich schreibe Gedichte seit ich 14 bin und kann es inzwischen recht gut. Manchmal trage ich schwarzen Nagellack. Ich bin offen und tolerant. Aber sehr ungeduldig. Ich habe erst vor wenigen Monaten die Definition von wahrer Freundschaft erlernt. Ich versuche oft so sehr einem bestimmten Bild zu entsprechen, dass ich dabei mein Glück vergesse oder das eines anderen. Aber ich finde immer wieder auf den Weg zurück. Manchmal steht mir mein Stolz oder Ego im Weg. Das sind Schwächen, an denen ich arbeite. Ich finde Stillstand furchtbar. Genauso wie Menschen, die die Schuld ausschließlich auf andere schieben. Ich liebe Melancholie, Stille und Einsamkeit, aber nicht immer. Manchmal liebe ich es, hemmungslos zu feiern, unter Menschen zu sein. Ich liebe Pinguine. In meinem nächsten Leben werde ich einer. Ich liebe anspruchsvolle Filme und Ralph Fiennes. Ich glaube nicht an Gott, aber ich glaube. Mein Badezimmer ist höchstens drei Meter breit und ein Meter tief. Ich habe Angst vor dem Aussehen von Waschmaschinen. Ich möchte russisch lernen. Ich liebe (emotional) kluge Menschen. Ich bin schadenfroh und manchmal ein Arschloch. Manchmal bin ich viel zu schüchtern. Ich habe oft kalte Hände. Ich liebe edle Kleidung, die aus dem 19. Jahrhundert und die aus den 1920-40er Jahren in Deutschland. Ich hätte gerne zu solchen Zeiten gelebt, da es dort noch gesittet zuging. Ich halte viel von Manieren. Ich würde gerne einen Schrank voll Anzügen haben. Und eine Hausente. Und einen Mops namens Barbara Jaqueline (ja, wirklich). Nun geht es aber zu sehr ins Detail. Es reicht.

Donnerstag, 28. Oktober 2010

2 Wege ins Unglück

Eingelebt, doch niemals angepasst, melde ich mich wie versprochen zurück. Eine andere Stadt, eine andere Umgebung, andere Menschen, andere Gerüche, andere Sitten. Vieles hat sich verändert und ich würde lügen zu behaupten, es würde spurenlos an mir vorbeiziehen. Es wäre gelogen zu behaupten, ich habe mich nicht verändert. Das habe ich und das ist etwas Gutes. Die Luft hier ist gut, ich atme wesentlich freier und das Verweilen unter den vielen klugen Köpfen tut mir gut. Soviel dazu. So kommt es, dass ich dieses Mal nicht nur eine Thematik im Kopf habe, sondern gleich zwei und so werde ich ganz neuartig diese beiden Thematiken in einem abhandeln. Kurz: Ihr habt keine Lust auf zwei einzelne Einträge und ich erst recht nicht, so wird beides in einen gequetscht und alles ist wunderbar.

Kurze Rede, langer Sinn; ich spreche von Veränderung und damit indirekt schon ein Thema an. Jetzt werden einige Gemüter aufschreien "Nicht schon wieder!", doch keine Panik bitte. Schließlich steckt doch in allem irgendwie Veränderung. Wenn du etwas isst, verändert sich die Konsistenz des Essens, wenn du atmest die Luft vor deinem Gesicht und so weiter und so fort. Und doch geht es darum nicht. Denn viele Menschen scheuen sich vor jeglicher Veränderung. Sie schauen nur zurück, wälzen sich wohlig in Erinnerungen und bewegen sich damit niemals vorwärts. Sie blicken niemals nach vorn, jedenfalls nicht lange genug, um einen Schritt vorwärts zu schaffen. Es geht nur rückwärts. Es geht nach hinten los. Diese Menschen gehen einen Weg ins Unglück.

Dieser Pfad ist nicht nur steinig, dass sie hinfallen werden - früher oder später - und vielleicht nicht mehr hochkommen. Dieser Pfad ist vor allem dunkel und einsam, denn das Leben jetzt ist weit weg von ihnen. Erinnerung ist ein wichtiges Gut, eine wundervolle Gabe. Jeder sollte sich erinnern, jedoch nicht in dieser Erinnerung leben. Viele wünschen sich die Kinderzeit zurück, in der sie die Welt noch bunt gesehen haben, Probleme nicht kannten und alles bekamen, was sie wollten. Viele wünschen sich in eine Zeit zurück, in der alles um sie herum noch funktionierte: Beziehung, Familie, Beruf, Freunde, Wärme, Sicherheit, Halt, Gemeinschaft, Kraft. Man weiß um das positive Empfinden damals, man hat es genossen, war glücklich und glaubt, es wieder sein zu können, indem man in dem Gedanken weiterlebt. Doch man wird es nicht. Man verliert den Blick geradeaus ins Leben, ins Jetzt und ins Morgen, weil man meint, das Gestern war doch so schön. Man möchte die schöne Erinnerung nicht loslassen, klammert sich an längst vergangene Zeiten, die nichts sind als etwas in unserem Kopf. Man lebt noch. Doch nur im Kopf. Dort ist es vertraut, dort bleibt man allein mit seiner Erinnerung. In irgendeiner Ecke im Kopf entspringt das Glück, doch an dieser Ecke geht man blindlings vorbei. Das Leben in Erinnerungen liegt weit entfernt vom Glückszentrum. Entgegengesetzte Richtung - ein Weg ins Unglück.

Und dann gibt es Menschen, die nicht reden. Viele Probleme gibt es allein dadurch, dass man nicht redet. Dabei ist das so einfach. (Fast) Jeder Mensch ist mit dieser Gabe gesegnet und doch macht kaum einer in der richtigen Situation von ihr Gebrauch. So viele Beziehungen scheitern daran, dass man nicht miteinander spricht. Dinge, die einem nicht gefallen am anderen werden schweigend erfasst, vearbeitet und führen am Ende dazu, dass die Liebe nachlässt und man der Beziehung den Stempel "lieber getrennte Wege" verpasst. Anstatt einfach mal den Mund aufzukriegen, schmeißt man lieber alles weg. Aus die Maus. Beziehung zuende, aus und vorbei. Und ein paar Vorwürfe als Abschiedsgeschenk. Da klappt das mit dem Reden dann.
Oder ganz einfach: Wenn man in der Schule nie den Mund aufbekommt. Dann gilt das als mündlich unbeteiligt und gibt eine schlechtere Note, egal, wie klug man eigentlich ist. Oder noch einfacher: Wenn man den Mund nicht aufbekommt, wenn sich der unfreundliche Typ im Supermarkt vordrängelt. Dann wartet man länger, ärgert sich im schlimmsten Fall innerlich bitterlich und gilt als nicht selbstbewusst, was wiederum im schlimmsten Fall dazu führen kann, dass sich noch ein zweiter Dödel vordrängelt, weil er beobachtet hat, dass man das mit dir machen kann. Wenn Menschen immer schweigsam bleiben, gibt es keine Veränderung - für niemanden. Wenn Menschen immer schweigsam bleiben, bewegt sich nichts und man bleibt unsichtbar. Niemand wird dich wahrnehmen als Schweigsamen. Hätten die Menschen immer den Mund gehalten, würde die Welt heute ganz anders aussehen. Die Mauer würde noch stehen, denn ohne den Aufstand der Menschen wäre sie nie gefallen.

"Reden wollen, aber nicht reden, das hat schon viele gereut." (Kâlidâsa, 4./5. Jh. n. Chr., indischer Dichter)

Es gibt keinen Grund, still zu sein. Erhebt die Stimme, denn sie ist Macht. Sie ist ein Geschenk. Sie ist kein Mittel zur sinnlosen Kommunikation. Gekonnt eingesetzt kann sie einen an die Spitze der Welt bringen. Oder einfach zum Glück. Schweigen und Runterschlucken in den falschen Situationen nimmt einen an die Hand auf einen Weg ins Unglück. Wo man sich irgendwann übergeben muss und all das Leid und den Schmerz auszukotzen leid wird. Weil man vielleicht eines Tages merkt, dass man sich damit selbst auf den falschen Pfad geführt hat. Weil man einfach nicht die Fresse aufbekommen hat. Man kann mit Reden viel verlieren, doch bei Weitem nicht so viel wie auf dem Weg, der irgendwann zur Erkenntnis führt, dass man selber schuld ist oder war. Dann ist es zu spät. Dann klammert man sich vielleicht an die guten, alten Zeiten, an die Erinnerung und geht den zweiten Weg ins Unglück weiter und weiter und verliert vielleicht für alle Zeit den Blick ins Leben. In der Erinnerung ist man tot, denn sie ist vergangen.

Samstag, 25. September 2010

Erwartet nicht zu viel

Nichts schmerzt so sehr als fehlgeschlagene Erwartungen, aber gewiß wird auch durch nichts ein zum Nachdenken fähiger Geist so lebhaft als durch sie erweckt, die Natur der Dinge und seine eigene Handlungsweise zu erforschen, um die Quelle seiner irrigen Voraussetzungen zu entdecken und womöglich künftig richtiger zu ahnen.
- Benjamin Franklin

Ja, erwischt, ich beginne einmal wieder mit einem Zitat und es wird einmal wieder ein wenig mehr. Ich hoffe, der fleißige Leser hatte nichts anderes erwartet - welch überhaupt nicht absichtlich konstruierter Übergang und Allusion auf die Thematik, der ich mich mit meinem heutigen und vorerst letzten (siehe Post vom 22. September) Blogeintrag widmen möchte: Erwartungen.

Erwarten wir nicht alle irgendwas? Dass die Klausur vielleicht doch besser als eine drei geworden ist, weil man doch noch bis sooo spät in die Nacht dafür gelernt hat? Dass es morgen warm wird, weil es im Wetterbericht angekündigt wurde? Dass man auch morgen aufwacht? Oder vielleicht einfach nur, dass man atmet? Manche Erwartungen sind selbstverständlich. Wie solche, dass man eben atmet, dass man laufen kann, dass die Erde auch am nächsten Tag noch existiert. Manche Erwartungen werden erfüllt, manche nicht. Manche Erwartungen beflügeln, manche reißen zu Boden. In jedem Fall hat sie jeder Mensch. Irgendwo - bewusst oder unbewusst.

Es gibt Erwartungen in allen Lebensbereichen. Ich weiß nicht, wie es bei euch aussieht, ich für meinen Teil habe bereits eingesehen, dass meine Erwartungen grundsätzlich überdurchschnittlich (zu) hoch für die Menschheit sind. Das macht schnell einsam, also gibt man widerwillig nach und geht Kompromisse ein. So wie es sich umgangssprachlich dumm leichter lebt, glaube ich auch, dass es sich mit niedrigen Erwartungen und Ansprüchen an die Welt leichter leben lässt. Wenn man beispielsweise vollends zufrieden ist, wenn ein Freund sich nur dann meldet, wenn alle anderen gerade keine Zeit haben. Oder wenn man sich bis über beide Ohren verliebt, obwohl der andere nur zugegeben wenig ernsthaftes Interesse zeigt. Oder wenn man das kleinste Stück vom Geburtstagskuchen bekommt. Das reicht demjenigen. Es scheint, als mache das wirklich schneller glücklich. Doch sinkt damit nicht auch der Selbstwert? Niedrigere Ansprüche, niedrigere Gefühlsebene, niedrigere Intelligenz, niedrigerer Wert? Ich vermag dies nicht zu beurteilen. Ich habe ja stets zu hohe Erwartungen und das nicht nur an mein Umfeld, sondern auch (oder vor allem?) an mich selbst.

Erwartungen halten die Hoffnung und balancieren dennoch oft gefährlich am Abgrund zur bitteren Enttäuschung. Erwartungen können unterschiedlicher Größe sein und enden selten in Erfüllung. Meist ist wohl die Erwartung selbst das Schönste. Jeder Mensch muss feststellen, wie schnell sie einen fallenlässt. Denn wie rasch ist man betrübt, weil man in einem seiner Freunde etwas Tieferes sah, als nur bloße Freundschaft. Da war eine Verbundenheit, wie man sie nur selten findet, von der man so froh ist, sie zu spüren. Wo die Freude bereits verblasst ist, als man sie erst richtig bemerkt. Weil man für diesen Freund scheinbar doch nur zweite Wahl ist. Man hat so viel erwartet von dieser Freundschaft...und wurde ge- und enttäuscht. Die Erwartung war einmal wieder zu hoch.

Denn wie rasch ist man betrübt, wenn die Zukunft scheinbar nicht verlaufen will, wie man es selber möchte. Wenn man alles geplant hat, erst hier die Schule, dann dort das Studium, dann dort als dies und jenes arbeiten, dorthin auswandern, viel Geld, Haus, Kinder, Garten, Pool und ein Hund. Vielleicht auch eine Katze. Oder zwei. Oder beides. Oder alles zusammen. Doch das Schicksal meint es nicht gut mit einem, denkt man, denn der Plan wird hemmungslos zerstört: andere Stadt, anderer Weg, alles anders, als erwartet. Man versteht es nicht und will es auch nicht verstehen. Und natürlich ist man nicht stur. Die Erwartung war einmal wieder zu hoch.

Denn wie rasch ist man betrübt, wenn alles einfach anders kommt. Wenn man erwartet, glücklich zu sein. Wenn man erwartet, dass die Erwartungen sich erfüllen - irgendwie, egal wie unwahrscheinlich sie einem im Verstand erscheinen. Ich möchte nicht sagen: Erwarte und werde enttäuscht. Aber erwarte mit Vorsicht und habe stets ein Sitzkissen dabei, das dich weich landen lässt, solltest du stürzen. Die Wahrheit und Wirklichkeit kann einem heftig in die Fresse schlagen. Und irgendwann heilen die Wunden nicht mehr. Und bilde dir nicht ein, keine Erwartungen zu haben - du hast sie.

Mit diesen Worten verabschiede ich mich (vorerst) von all den treuen Lesern, die sich mein teilweise doch recht anstrengendes Gelaber (Getexte klang doof) mehr oder weniger regelmäßig angetan haben. Vielen Dank an jeden einzelnen von euch und vielen, vielen Dank auch für die wirklich rührenden Komplimente bezüglich dieses Blogs. Würde ich jetzt nicht hinter meinem Monitor hocken und ihr auch nicht und würden wir uns nun gegenüber stehen, würde ich euch nun allesamt umarmen. Aber im Zeitalter des Internets, von knuddels, duddels und schmuddels.de klappt sowas ja auch virtuell per Gedanken ganz hervorragend; fühlt euch also gedrückt. Danke. Auch für die konstruktive Kritik.

Das ist nicht das Ende! Ich werde versuchen, sobald wie möglich weiter zu schreiben. Daher - wie schon im Vor-Blog geschrieben - stay tuned! Ich bin nicht weg, nur woanders, haha. Ein krönender Abschluss darf natürlich nicht fehlen und, wie sollte es anders sein, soll dieser ein Zitat sein:

In die Wolken zu greifen und keine Leere zu fühlen, das ist Glück.
- Carmen Ritter

Mittwoch, 22. September 2010

(An)Kündigung

Der Poet auf Drogen meldet sich zurück, doch vorerst nur für eine kurze Mitteilung für all diejenigen, die sich begierig die Hände nach neuem (Lese-)Stoff reiben: Da ich in einer Woche wegziehe und kurz darauf mein Germanistik-Studium beginne, wird in den kommenden Tagen mein vorerst letzter Eintrag hier folgen. Bitte nicht traurig sein, es gibt vieles, vieles Schlimmeres auf diesem Planeten. Natürlich werde ich auch während meines Studiums versuchen, relativ regelmäßig meinen lyrischen Ergüssen freien Lauf zu lassen, also stay tuned, wie man ganz neumodisch so zu sagen pflegt!

Um diese Notiz ideal abzurunden ein äußerst passendes Schlusswort, wie ich finde:
Wer wartet mit Besonnenheit, der wird belohnt zu rechten Zeit!

(Na, von wem ist das? Mit diesem kleinen Rätsel lasse ich den eifrigen Leser nun allein in seine tiefste Trauer versinken - wie unverschämt!)

Samstag, 4. September 2010

Herzenswunsch

Sie packt uns und klebt und schickt uns auf eine Achterbahnfahrt, die sich gewaschen hat. Sie ist so grausam und sie ist so wundervoll. Sie ist Gift und sie ist Droge. Sie ist zumeist viel zu lang. Oder viel zu kurz. Sie ist Hoch und sie ist Tief. Sie ist Liebe, die man hasst. Sie ist wichtig, denn ohne sie ist es nicht Liebe. Die Sehnsucht packt nur Liebende.

Nie zuvor hat mir die Sehnsucht fast das Herz zerfetzt. Nie zuvor hätte ich gedacht, derart fühlen zu können. Du bist die Definition der Sehnsucht. Die Sucht nach dir. Ich wollte nie ein Abhängiger werden, doch du bist die Droge, die man bedenkenlos nimmt. Die Sehnsucht als unser Segel.

Neulich sah ich dich schlafen, nur eins, zwei Schritte entfernt von mir und ich habe dich vermisst. Ich blickte dich an und habe mich gefragt, ob das nicht lächerlich klingt: jemanden zu vermissen, obwohl er doch in unmittelbarer Nähe ist. Mein Herz lächelte, als du noch einmal wach wurdest. Ich habe es dir nie gesagt. Ich habe dir nie gesagt, dass ich stolz bin, dass du gerade mich liebst. Ich habe dir nie gesagt, dass ich in manchen Augenblicken die Zeit anhalten möchte. Ich habe dir nie gesagt, dass du meiner Seele neues Leben eingehaucht und mit Glück erfüllt hast. Ich habe dir nie gesagt, dass mich ein Entzug umbringen würde. Auch wir taumeln einmal, schwanken. Kein Trip ohne Nebenwirkungen. Doch die gehören dazu und werden als Schatten in den Schatten gestellt.

Liebe ist eine Sehnsucht – die einzige Sucht, bei der das Leid des Entzugs vor dem Rausch der Sinne steht."

Ich möchte dir auf diesem Wege danken. Danke für die Flügel, danke für die Geduld, danke für das Kribbeln im Bauch. Danke für das kleine Stück vom Glück.

Ich liebe dich.

Sonntag, 29. August 2010

Sprachproblem

Ein wenig Wortsalat meiner Dichterhirnhälfte; ist bereits älter, jedoch fast stets aktuell.
Dies geht raus an alle Herzschmerzenden. Fresst Eis, rotzt Taschentücher voll, seid zickig, aber behaltet das Vertrauen darin, dass eines Tages alles besser wird - es wird... tatsächlich.


Sprachproblem
Ich habe die Sprache der Herzen verlernt,
in der Liebende zu sprechen pflegen.

Es klingt wie Kauderwelsch in meinem Ohren
und kommt nicht an im Loch meiner Brust.

Verbindung unterbrochen -
Bitte versuchen Sie es
nicht noch einmal.

Mittwoch, 25. August 2010

Adressiert an mich

Ein langer Weg vor mir. Ich steuere auf das Ziel zu, einige Hürden sind noch zu überwinden, aber die Richtung stimmt. Es war nicht leicht hier hin. Zu viele Kreuzungen, zu viele Einbahnstraßen, zu viele Geisterfahrer. Doch die Vergangenheit ist nichts als ein altes Buch, das ich ausgelesen habe. Denn nun stehe ich hier. Stets hat man das Gefühl, etwas vergessen zu haben - irgendwas - wenn man unterwegs ist. Ich habe etwas vergessen: dich. Oder hast du mich vergessen?

Ich schaue in den Spiegel und sehe dich. Nein - so war es einmal. Du warst mein Spiegel. Wie lange dauert ein Tag in der Dunkelheit? So viele Jahre warst du mein treuer Begleiter. Und auch wenn wir uns nicht immer gesehen haben, habe ich dich gespürt. I can feel your heart beat through my shirt. Ich habe dich gespürt und jeder Atemzug schien gleich. Du musstest mich nur ansehen und wusstest auch ohne Worte bescheid. Dann warst du da - in jeder Sekunde, Minute oder Stunde. Es lagen Meilen zwischen uns, doch die Wege führten zusammen und befestigten ein unsichtbares Band direkt an unseren Herzen. Es war dieser erste Blick, diese erste Sekunde. Wir waren verbunden. So wie du für mich die richtigen Worte wähltest, mich desöfteren vor dem falschen Ausweg gerettet hast, so war mein Geist, meine Kraft stets bei dir, wenn es dich zu Boden zog. Ich musste mir nur ans Herz fassen und wusste, du bist da.

Jetzt stehe ich auf meinem Weg und fasse mir ans Herz, doch ich fühle dich nicht. Genau jetzt in diesem Augenblick. Ich frage mich, wo du bist und heule bitterlich dem Band nach. Nun ist da ein Loch in meinem Herzen. Ich werde es immer für dich frei halten. Du gehst gerade einen Weg fernab von meinem. Das unsichtbare Band hat sich verfangen am Wegesrand und ist auf meiner Seite schmerzvoll herausgerissen worden. Ich werde weitergehen auf meinem Pfad und hoffen, dass sich unsere Wege eines Tages wieder kreuzen und wir den Schaden flicken können.

Du hast für mich nicht an Wert verloren. Du bist nicht gänzlich fort, nur wonanders. Du warst alles, du bist alles und wirst immer alles sein.
Du fehlst mir hier, auf meinem Weg allein.

Danke für die Jahre.

Samstag, 7. August 2010

Wahrheit und/oder Pflicht

Manches liegt so nah beieinander: Humor und Lachen, gute Noten und Streber, Käse und Brot, gut und böse, Mensch und Tier. Und doch weiß man sie zu trennen. Doch wie ist es mit der Wahrheit und der Lüge? So ist der Grad dazwischen äußerst schmal und so mancher stürzte tief bei dem Versuch, auf der dünnen Linie zwischen ihnen zu balancieren.

Jeder lügt. Denn wir alle müssen zugeben, dass Notlügen das Leben erheblich erleichtern (können). In manchen Situationen ist es sogar überlebenswichtig, zu lügen. Und in manchen Situationen zerstört es das ganze Leben. Mit der Wahrheit oder Unwahrheit steht und fällt das Leben. Und doch gehen wir so leichtfertig mit ihnen um. Die Bibel predigt: Du sollst nicht lügen. Würde man stets nichts als die Wahrheit sagen, würde man nicht weit kommen. Man würde seiner Frau sagen, wie laut sie nachts wirklich schnarcht und wie furchtbar sie dabei aussieht. Man würde seiner Frau sagen, das neue Kleid sieht aus wie alle anderen und war eigentlich gar nicht im Budget drin. Man würde seinem Mann sagen, der dort wachsende Bierbauch ist beschämend und die Freundinnen hätten alle einen viel hübscheren Partner. Man würde seinem Mann sagen, Fußball ist etwas für Primitive, ebenso wie Autos. Man würde seinem Mann sagen, dass man den Orgasmus jedes Mal nur vortäuscht. Man würde seinen Freunden sagen, ihre Lieblingsmusik klingt verdammt scheiße. Man würde seinen Kindern sagen, sie gehen einem durch ihr dämliches Geheule auf die Nerven und man denke in manchen Situationen, man hätte besser nie Sex haben sollen. Und man würde seinem Chef sagen, dass er sich für den Hungerlohn bald einen neuen Doofen suchen kann und dass er aus dem Mund stinkt wie eine Kuh aus dem Allerwertesten. Nun muss man sich fragen, ob man neben der Tatsache, dass man andauernd die Gefühle anderer verletzen, nicht auch schnell mal eine dicke Lippe riskieren würde.

Die Wahrheit ist manchmal grausam und sollte hinter einer Lüge versteckt bleiben. Gefährlich wird es, sich gleich einen ganzen Berg an Lügen vor die Nase zu bauen. Dann verliert man schnell mal den Über- und Durchblick, verstrickt sich darin und verirrt sich im schlimmsten Fall. Manchmal lügt man. Einfach so. Und manchmal lügt man aus Angst, aus mangeldem Selbstvertrauen, aus Egoismus. Oder einer Mischung aus allem. Manchmal versteckt man die Wahrheit ganz bewusst und verwendet die Lüge zum eigenen Vorteil. Auch das kann gefährlich werden - nicht für die anderen, sondern vor allem für einen selbst. Schließlich wirst du erschocken dreinblicken, wenn man hinter die Maske schaut, hinter der du dich so lange versteckt hieltst. Dann ist die Wahrheit für dich der noch größere Schock, denn du hast vergessen, dass es sie gibt.

Wahrheit und Lüge, Lüge und Wahrheit - so nah und doch so fern. Die Wahrheit sollte dominieren, doch die Lüge nicht gänzlich vergessen.


Ich liebe die Wahrheit. Ich glaube, die Menschheit braucht sie, sicher aber braucht sie noch viel mehr die Lüge, die ihr schmeichelt, Trost spendet und ihr endlos Hoffnung macht. Ohne Lüge würde sie umkommen vor Verzweiflung und Langeweile.
(Anatole France (1844 - 1924), französischer Erzähler, Lyriker, Kritiker und Historiker)

Dienstag, 13. Juli 2010

SCHLAAAND!

Juchey juchey, die WM ist vorbei. Deutschland ein weiteres Mal mit einer dürftigen Leistung im entscheidendsten Spiel ausgeschieden, aber ganz nach dem Motto knapp daneben ist zwar vorbei, aber wer will schon den offiziellen Meistertitel, wenn man Deutschland einmal wieder als Meister der Herzen bezeichnen kann! Natürlich ist das viel besser, klingt ja auch schöner. Wo ganz Deutschland sich bereits auf dem Siegertreppchen ganz oben sah, ist der dritte Platz plötzlich genauso toll oder sogar noch besser, man möchte ja nicht übertreiben. Immerhin... nicht? Immerhin! Das zweite Mal in Folge Weltmeister der Herzen, welches Land kann da schon mithalten!

"Das war eine riesn Gaudi!" , findet der allgemeine WM-Anhänger. Ich finde das nicht. Aber ich bin und war dieses Mal ja auch der WM-Miesepeter. Für mich war es ein wenig zu viel Sommermärchen im Jahr 2006 und von einer Überdosis braucht es nun einmal seine Zeit zu regenerieren. Tatsächlich habe ich am Ende aber doch drei Spiele geschaut, eins davon sogar Halb-Publicviewing im Garten mit Freunden. Da bin ich meinem Titel also nicht allzu gerecht mit geworden, auch wenn ich stets betont habe, wie egal mir ist, wer was gewinnt. Doch das Trauma allein war nicht schuld an meinem Boykott des fast jämmerlich versuchten zweiten Teils des Sommermärchens, nein - Es war eben dieser gerade zitierte allgemeine WM-Anhänger. Der Fußballfanatiker auf Zeit. Der Fan ohne Ahnung. Ja, ich wage zu behaupten, der Mitläufer! Wenn Halbwissen gefährlich ist, was ist dann Mitläuferwissen? Nichts, richtig. Der allgemeine WM-Anhänger hat sich zur Feier des Anlasses hübsch geschmückt, trägt eine Deutschland-Flagge als Umhang um die Schultern, eine schwarze, kurze Hose mit roten Socken und gelben Schuhen und hat sich auf die Wangen jeweils eine Deutschland-Flagge gemalt (oder seit neustem direkt per Stempel). Die ganz Euphorischen runden ihren Style mit einem lustigen Hut in Form eines Fußballs (oder ganz kreativ mit Deutschland-Flagge) ab. Spiele der Meister ihrer Herzen werden natürlich ausschließlich Publicviewing geschaut. Es wird gejubelt, geschimpft und sogar geweint. Warum, das weiß keiner von ihnen so genau. Warum das jetzt kein Tor war, als der Schweini den Pass vom Poldi angenommen hat und vor ihm kein Gegenspieler mehr stand, versteht keiner. Abseits - das hat man mal gehört, ist aber doch vollkommen zweitrangig. Dabeisein ist doch schließlich alles. Nein, lieber allgemeiner WM-Anhänger, das ist nicht alles. Denn weniger als Halbwissen ist nicht nur gefährlich, sondern auch ein wenig lächerlich, wenn dann doch einmal einer dazwischen ist, der Fußball nicht nur plötzlich mag, wenn alles und jeder vom Sommermärchen spricht.

Lange Rede, kurzer Sinn: Ich finde den allgemeinen WM-Anhänger zum kotzen. Ich weiß nämlich, was ein Abseits ist. Oder eine Flanke. Oder wie lange ein Spieler gesperrt ist. Zum kotzen find ich auch den Nationalstolz auf Zeit. Wird man während der Wochen der Weltmeisterschaft mit Fahnen in schwarz-rot-gold geradezu erschlagen und hat sogar Opa Günther von gegenüber eine Flagge am Fahrradlenker, lässt man jeglichen Stolz auf sein Land davor und danach besser gut verschlossen im Keller. (Dümmliche) Parolen und Gesänge beim Deutschlandspiel als Voraussetzung, zu anderen Zeiten - nein, da ist man dann Nazi. Alles etwas paradox, wenn man mich fragt. Aber macht ja mal wieder keiner. Man lebt lieber in seinem Sommermärchen unter gleichgesinnten Ahnungslosen mit Vuvuzelas. Die find ich übrigens auch zum kotzen.

Flaggen gerne zu mir. Ich habe nämlich immernoch meinen Nationalstolz und das nach der WM! Verdammter Nazi.

Montag, 28. Juni 2010

Drogenharmonie

Offensichtlich beinhaltet mein - nun, wie kann man es bezeichnen - Künstlername das Wort Poet. Poet, Dichter. Und als solcher beschleicht einen hin und wieder, manchmal auch häufig, der unaufhaltsame Drang, Gedanken in zumeist hübscher Form nieder zu schreiben. Man kann es nicht aufhalten und man sollte es nicht aufhalten. So möchte ich auch nicht vor diesem Blog Halt machen und einmal einen Beweis (oder zumindest den Versuch eines Beweises) dafür bringen, wie ein Dichterhirn mit körpereigenen Drogen so harmoniert. (Es stammt folglich von mir)


UNENTSCHLOSSEN

Nicht ja, nicht nein
kein Sekt, kein Wein
Ich denke ja und sage nein

Kein Mut in meinem Herzelein

Reiß dich an mich, stoß dich fort
Wünsch mich hier, wünsch mich dort
Kaum halte ich dich fest,

entzünde ich das Liebesnest

Bleib hier, geh weg
Herz aus Gold, Herz aus Dreck
Komm an meine Brust heran,
damit ich dich gleich lieben kann

Oder möcht' ich dich aufessen
Oder möcht' ich dich vergessen
Komm, Mut in meinem Herzelein
Ich sage ja und denke nein


Dienstag, 8. Juni 2010

Brech-reizend

Er klopft nicht, er platzt einfach herein. Niemand hat ihn hereingebeten. Zumindest ich nicht. Der Sommer steht nicht mehr vor der Tür, er platziert seinen hitzigen Hintern bereits ganz dreist inmitten unserer Visagen, die sogleich beginnen, zu erröten und -hitzen.

Hurra, hurra - der Sommer ist da!

Während der Oberchecker von nebenan sich über pralle Backen, wehende Röckchen und überschaubares Holz vor sämtlichen Hütten freut, stehen Menschen wie ich erstarrt vor der Herausforderung. Was kann man es dem anspruchslosen Oberchecker verübeln, wäre da doch nur nicht... Sommer. Sommer, das bedeutet vor allem Sonne. Und Sonne im Sommer bedeutet hohe Temperaturen, Hitze, Dunst, Schweiß. Sämtliche Körperöffnungen gehen auf. Es ergießen sich sämtliche Körperflüssigkeiten, zumeist in Begleitung von Gerüchen. Man kann also sagen, Sommer bedeutet Gerüche und damit meine ich keinen Eis- oder Sonnencréme-Geruch. Machen wir uns nichts vor, die Wenigsten von uns leben am Meer oder verbringen den gesamten Sommer in angenehmer Brise und erfrischender Idylle. Das ist vielleicht das Bild, das sich vor unserem geistigen Auge eingebrannt hat, seit man den letzten Urlaubskatalog durchforstet hat und sich die Reise am Ende eh nicht leisten kann. Aber die Realität sieht anders aus:

Man ist während der Sommermonate in stetiger Hochspannung, wenn man etwas auf sein äußeres Erscheinungsbild gibt, denn nur ein zu rascher Schritt und man schwitzt. Man schwitzt, das Gesicht errötet (wohl auch vor Scham - "Oh mein Gott, wie seh' ich aus?!"), der Pony beginnt an der Stirn fest zu kleben, die Haare sehen strähnig und ungepflegt aus. Am Rücken und/oder unter den Achseln dunkle Flecken. Widerstand zwecklos. Die Übergwichtigen trifft es am schlimmsten, sie sehen bereits nach einem Atemzug in der Stickluft aus, als hätten sie einen Marathon zurückgelegt. Wieder ein Grund, auf seine Linie zu achten, doch die böswillige Hitzewelle macht auch vor der dünnsten Bohnenstange nicht Halt. Dort beginnt der Prozess lediglich etwas verzögert. Und wenn man dann vor Schweiß trieft, die Frisur eh kaputt ist, das Shirt am Rücken pappt, dann beginnt der eigentliche Wahnsinn... Er trocknet. Und wenn er getrocknet ist (oder auch vorher, das variiert), dann stinkt er. Stechend, beißend, brechreizend. Jetzt kleben nicht nur die Haltestangen und Sitze von schwitzenden Ärschen in Bus und Bahn, nun bekommt auch die Nase ihr Fett weg. Der Sommer ist schon was Schönes, ja. Ich liebe den Sommer!

Wenn man dann noch ganz gierig und geil sein Eis schlecken will, ist es bereits weggeschmolzen. Der Sommer macht Spaß. Ich bin dabei!
...nicht.

In diesem Sinne übergebe ich das Schlusswort an Peter Rudl:
DAS HÄSSLICHSTE AM SOMMER SIND DIE MENSCHEN, DIE ER AUS IHREN HÄUSERN TREIBT.

Dienstag, 18. Mai 2010

Reise, Reise

Ich behaupte von mir immer, ich bin nachts am kreativsten. Ich glaube, das stimmt sogar. Immer, wenn ich hier meinen lyrischen Ergüssen freien Lauf lasse, ist es +-4h nachts/morgens/whatever. Klingt komisch, ist aber so.

Kann dir und mir ja eigentlich auch egal sein - hauptsache, alle sind zufrieden. Oder nur ich. Ich kann ja nur für mich sprechen und schon bin ich beim Thema: Ich. Schon wieder ich, in der Tat! Nachdem ich der Verliebtheit auf Wiedersehen gesagt und sie habe ziehen lassen, habe ich mich mir selbst zugewendet. Das mag im ersten Moment egoistisch klingen. Es ist ja auch egoistisch in gewisser Weise, denn ego bedeutet bekannterweise ich. Ohne jene Verliebtheit mag ich nicht frei sein, doch wesentlich befreiter. Der fleischfarbene Klotz hinter den Rippen schlägt wesentlich leichter und lässt Platz für Neues. Ich muss gestehen, dass es mir seit meiner glorreichen Einsicht wirklich gut geht. Man wagt ganz neue Sprünge, weit nach vorn. Und dabei hat man keine Angst, auf die Fresse zu fliegen, weil man einfach viel einfacher springt. Wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Man wagt und gewinnt, was man sich vorher niemals zugetraut hätte. Man findet neue Wege oder sucht zumindest nach ihnen. Man kann vielleicht nicht fliegen, doch die Flügel sind gewachsen. Blickt man zurück, erkennt man sich nicht wieder; so ganz vergraben unter Last und falscher Suche tut man sich fast selber leid.

Ich habe einen neuen Weg eingeschlagen. Hier ist Frühling und alles beginnt zu wachsen und blühen. Ich mittendrin. Ich stehe im Mittelpunkt des Weges und ich habe nicht vor, einen Schritt zurück zu machen. Ich werde nichts mehr suchen, was man nicht finden kann und ich werde nichts mehr nachlaufen, das die Puste nicht lohnt. Hallo Welt, hier bin ich!

Ja, genau. Jetzt bin ich dran.

Freitag, 14. Mai 2010

Scheuet nie die Poesie!

FREE
Und plötzlich war ich frei vom Gefühl der Liebe. Die Liebe hatte meinen Körper und meinen Geist verlassen wie ein Schatten. Es war ein merkwürdiges Empfinden, so frisch und frei von jener Verliebtheit. Schließlich war sie mir jahrelang und seit ich denken kann ein treuer Begleiter mit wechselndem Ziel gewesen, ohne jede Pause. Das Gefühl, die Liebe, war fort und ich war befreit, doch damit doch nicht frei. Es ging fort und hinterließ einen leeren Fleck in meinem Geist - eine Wunde, die nicht bluten konnte, weil die Liebe die Venen ausgesaugt hatte und all jenes Blut, das noch einmal in meinen Venen hätte pulsieren können, mitnahm. Ich fühle mich gut und doch nicht frei... mehr noch verwirrt und -irrt und ich frage mich, wie lange die Liebe wohl auf Reisen sein und ob es ein Wiedersehen geben wird.



Dienstag, 27. April 2010

Warum die Vergänglichkeit fürchten, wo wir doch von ihr leben.

Vorab sei geäußert, dass dieser Eintrag mehr wie ein Schatten wirken wird, Melancholie gepaart mit Poesie vom feinsten...oder so.

Früher oder später kommt der Tag, an dem man sich mit dem wohl ernstestem Thema des menschlichen Lebens beschäftigt: dem Ende, dem Tod. Manch einer schiebt ihn vor sich her, bis er ihn ein- und letztlich zu sich holt. Ich weiß nicht, ob dies der
klügere Weg ist. Mit Ignoranz hält man oft Leid fern. Gerade der Leidende wünscht sich den Tod. Der Ignorante wird vom Tod erwünscht. Jeder muss für sich selbst entscheiden, welchen Weg er wählt - in jeder Hinsicht.

Ich konnte heute Nacht nicht schlafen, blickte aus dem Fenster und sah: Ich fürchte den Tod nicht (mehr). Es ist ein doch sehr merkwürdiges Empfinden, wenn man von seiner Zukunft redet - Ehe, Haus, Kinder - und dabei doch weiß, dass man vielleicht nicht einmal mehr die für sich schönste Zeit im Jahr miterleben wird: Weihnachten. Im Kopf ist es schon seit so vielen Jahren, man hat gelernt, damit zu leben, still schweigend, aus Angst, aus Muße. Niemand kennt dein Geheimnis. Man lebt damit. Man lebt und lebt und irgendwann stirbt man damit. Du ignorierst es, doch beherrscht es insgeheim dein Wesen, denn es macht alles so sinnlos. Man spricht von einer Zukunft, die es nicht gibt. Man schmiedet Pläne, die nie aufgehen werden. Man träumt Träume, die sich nie erfüllen werden. Vanitas - alles fließt (Heraklit). Alles Leben, alles, das atmet und auch alles, das denkt, ist vergänglich.
Und wenn dies alles ist, was die Welt bereithält, dann soll das Ende kommen. Ich habe keine Träume mehr und auch keine Pläne. Ich mache keine Versprechen mehr, die ich nicht mehr zu erfüllen schaffe. Heute Nacht im Bett habe ich die Angst verloren. Man bemüht sich stets, ein guter Mensch zu sein und ist gerade als solcher so allein, so ungebraucht, dass es einen geradewegs in die geifernden Arme der Melancholie treibt. Ich bin nicht grundauf unglücklich, nein. Für mich gibt es nur eben kein Gewinnerlos in der Glückstrommel. Man wird einfach so weitermachen wie bisher, bis das Ende eben kommt. Nachhelfen, ein absolutes No-Go. Der kommt schon von ganz allein.

Ich frage mich nur, ob jemand eine Träne vergießen würde. Nicht, weil ich irgendwer war, sondern jemand Besonderes. Und wenn ich es nur für einen gewesen wäre, dann habe ich gelebt.


Lebe so, daß du allezeit zu sterben bereit bist.
Mary Ward, (1585 - 1645)


Denn nur noch eine kurze Zeit, dann wird der kommen, der kommen soll, und er bleibt nicht aus.
Bibel, Hebräer 10.37


Sterben ist nichts anderes als das Umwenden einer Seite im Buch des Lebens. In den Augen der anderen ist es der Tod; für die aber, die sterben, ist es das Leben.
Hazrat Inayat Khan, (1882 - 1927)


Das Sterben ist das letzte, was man anfangen kann.
Aus Belgien


Sterben: in sich selbst zurückkehren, um außer sich zu sein.
Peter Rudl (*1966)




Sonntag, 25. April 2010

Häutung

Vielleicht hat sich der ein oder andere tatsächlich gefragt, wieso hier so lange kein neuer Post geschrieben wurde. Nun, ich befand mich in einer sogenannten emotionslosen Phase, sehr angenehm sowas, kann ich im Nachhinein sagen. Leider Gottes (sofern er existiert) hat sich diese behagliche Haut nun leider ohne Vorwarnung abgepellt und mich gefühlsnackt stehenlassen.

Kurz: Wo Gefühle sind, ist Meckern und Melancholie nicht fern.

Nun ja, ganz aktuell fühle ich wieder und natürlich, wie sollte es auch anders sein, Tendenz negativ. Gefühle können etwas so Grausames sein, ich habe sie wirklich nur wenig vermisst. Es ist kein schönes Gefühl, Gefühle zu fühlen, von denen man weiß, dass sie zwar unsichtbar sind, aber dies auch immer bleiben werden. Wenn man versucht, es sich auszureden und sich selbst mit vorfwurfsvollen Fragen malträtiert ("Was sollen denn diese lächerlichen Gefühle für den-und-den? Du weißt ganz genau, dass du so niemals glücklich werden wirst!"). Nicht schön, nicht leicht - was soll dieser Unsinn eigentlich? Mit verzweifelter Miene suche ich nach meiner Alles-Egal-Haut, doch finde sie nur abgepellt und tot in einer Ecke liegen. Selbst die hat es mit einem nicht lange ausgehalten.

Kopf und Herz sind leider getrennt. Der eine kann zwar ohne den anderen nicht, aber miteinander geht auch nicht. Keine Kompromisse, es wird gefühlt! Manchmal frage ich mich, ob mein Herz eigentlich ein kleiner Sadist ist. Statt mir einmal etwas Gutes zu tun, schickt es mich mit diesem unguten Gefühl hinaus. Fragezeichen in meinem Gesicht, denn wenn man mich gefragt hätte, hätte ich zu den Gefühlen für diesen Menschen Nein gesagt. Und nun darf ich zusehen, wie ich die Gefühle ausradiert bekomme, was ja ohnehin nicht geht, weil Unsichtbares sich schlecht fortschaffen lässt; man weiß ja nicht, wo man ansetzen soll. Was bringt es dem Herzen, wenn das Unglück bereits feststeht? Man kann dem Menschen nichts von den Gefühlen sagen, denn der Mensch hat dafür nichts übrig. Vor allem nicht für einen, den ohnehin niemand will. Ich würde so jemanden im übrigen auch nicht wollen. Man möchte aber auch eigentlich gar kein Trübsal blasen, aber irgendwie bleibt da immernoch ein Rest Stolz, der endlich sein Glück einfordert. Das Glück setzt dabei so vieles voraus. Man steht vor einem Berg, hinter dem unter Umständen ganz vielleicht das Glück wartet... Vielleicht steht hinter dem Berg aber auch ein weiterer. Ich wage es nicht. Mein Herz lacht. Und weint.

Freitag, 9. April 2010

MACHTs besser!

So so. Ich möchte mittels diesen Blogs also die Welt verbessern, wurde mir vorhin gesagt. Dabei ist jedoch erst einmal die Frage zu klären, ob eine virtuelle Niederschrift überhaupt sowas kann. Sage ich nein, bin ich ein Pessimist. Und sage ich ja, bin ich ein Spinner. Gar keine leichte Angelegenheit, dieses Weltverbessern.

Aber mal im Ernst und unter uns: Wörter können die Welt verändern, das haben sie schon oft! Also ist mein Blog durchaus noch im Rennen. Doch will ich hier überhaupt die Welt verändern? Ich gebe darauf erstmal keine Antwort, sonst ist die Spannung ja weg. Wenn ich mit diesem virtuellen "Tagebuch" die Welt verändern oder sogar -bessern kann, dann setzt das voraus, dass ein einziger Mensch dazu in der Lage ist, in diesem Fall also ich allein. Wahnsinnsvorstellung. Die Erde unter meiner Flagge. Auf den Monitoren am Time Square mein Gesicht. Und auf jedem roten Londoner Doppeldecker. Der Fernsehturm wird in Poet-On-Drugs-Turm umgenannt, ebenso wie die Wallstreet nun Poet-On-Drugs-Street heißt. Hollywood heißt nicht mehr Hollywood, sondern natürlich Poet-On-Drugswood und man ist nicht mehr glücklich, sondern poetondrugsig. Mein Gesicht auf jeder Milchtüte und jedem Bier-Etikett.

Jedem Leser wird es bei diesem Gedanken sicherlich warm ums Herz geworden sein und die Vorfreude ist ins Unermessliche gestiegen. Außer bei Julia. Die fand das ja nicht so schön, dass ich die Welt verbessern will.

Aber halt - wäre es überhaupt gut, allein die Welt zu verbessern, zu verändern? Ich muss spontan an einen Menschen denken, der diese Macht hatte und dem diese Macht sichtlich zu Kopf stieg. Auch er hatte eine Vorstellung einer "besseren Welt", doch dieser Idee erlagen Millionen Menschen dem Tod, ebenso wie er selbst. Ein Mensch ist eben nur ein Mensch, ein minimaler Fleck auf Mutter Erde, den man nicht Fleckenteppich der Welt machen sollte. Macht macht ungehemmt. Wenn man auf niemanden mehr hören muss, der einen eines Besseren belehren könnte, dann macht die Macht die vielleicht wahnwitzige Welt im eigenen Kopf zur Realität. Und dann sterben vielleicht Millionen Unschuldiger. Oder Milliarden. Oder man selbst, weil einem die Welt zu Kopf gestiegen ist und dort nicht mehr hinauswill.

Um meinem Ruf als Weltverbesserungsanwärter gerecht zu werden, ist zwingend notwendig zu erwähnen, dass es der Erde an verbesserungswürdigen Ecken und Kanten nun wirklich nicht mangelt. Spontan denke ich da wieder an Afrika und erinner mich promt an die nette dunkelhäutige Dame auf der Rolltreppe vor mir und ihren finsteren Blick, als ich zu meiner Freundin sagte, dass mir die Menschen in Afrika leidtäten, weil die Entwicklung an vielen Orten ja bedauerlicherweise noch nicht angekommen ist. Sie kommentierte dies übrigens damit, dass dem ja gar nicht mehr so sei und stellte mich als Rassisten hin. So so. Ich hoffe nicht zu rassistisch zu sein, wenn ich sage, dass ich die Infrastruktur vieler afrikanischer Länder ausbauen und für mehr Bildung, medizinische Versorgung und Handel sorgen würde. Und vieles mehr... Wenn ich ein Weltverbesserer wäre. Aber möchte ich ja gar nicht mehr sein. Macht macht Angst. Und Angst macht schwach. Und das macht's auch nicht besser.

Das macht besser ein anderer. Ich geh schlafen.

Donnerstag, 25. März 2010

Daumen drücken

Eigentlich will ich gerade eine meiner Lieblingsserien im Fernsehen schauen, habe mich schon die ganze Woche drauf gefreut, doch nun brennt mir ein Thema ganz spontan derartig unter den Nägeln, dass ich es umgehend niederschreiben muss. Ohne viele rhetorische Schnörkeleien, ist quasi Eilpost.

Was gibt es doch für linke Bazillen, für falsche Menschen, für Menschen, die ich nun mit den schlimmsten der schlimmen Beleidigungen und Herabwürdigungen betiteln würde, wenn mein Niveau niedriger wäre! Ich bin schockiert, manchmal erschlägt einen die nackte Wahrheit aber auch arg plötzlich und ungeschmückt. Manchmal frage ich mich, ob es sich nicht angenehmer in einer Seifenblase aus Lügen und Sich-Nichts-Eingestehen-Wollen lebt, fernab von oft schmerzlichen Einsichten. Dann könnte ich jetzt wenigstens gemütlich vorm Tv liegen und meine Serie schauen, aber nein - meine Seifenblase ist ja schon vor einigen Monaten geplatzt.

Es gibt Menschen bei denen ich mich ernsthaft frage, weshalb Gott (sofern es ihn gibt) diesen ein Recht auf Existenz gibt. Und ich meine nun nicht irgendwelche Hautfarben, Rassen oder sonst etwas, das auf einen fremdenfeindlichen Kontext hindeuten soll. Wäre ich der Herr im Himmel, würde ich derart falsche Menschen gegen eine Wand schnipsen und sie dann mit dem Daumen zerdrücken. Menschen, die einen vollheulen, zutexten, treten, wegwerfen, anspucken, einen das unendlichste Leid vorgaukeln und man herausfinden muss: Man, der oder die ist ja in Wahrheit verdammt glücklich. Da wurde man doch tatsächlich schamlos verarscht, um es ganz plump zu sagen. Den Arsch hat man sich oft aufgerissen für diese Person, konnte vor Sorge nicht schlafen, konnte sie nicht vergessen. Von ihr kommt nichts als pseudodepressives Gesülze der theatralischsten Art, was man natürlich glaubt. Jedes verdammte falsche Wort glaubt man. Und hintenrum lacht dieser Mensch. Mir scheint doch, an diesem Sachverhalt ist irgendetwas paradox.

Ich bin wohl einfach immernoch zu naiv. Immernoch zu gutgläubig. Immernoch zu nahbar für Kreaturen wie diese. Eine Kreatur, ja, das trifft es genau. Kreatur, Defekt, Bastard. Man nenne es, wie man will und verzeihe mir diese doch stark herabwürdigenden Bezeichnungen.

Ich werde, bevor ich gleich schlafen gehe, zu Gott beten, dass er den Daumen zückt und drückt.

Montag, 22. März 2010

Liebe deinen Nächsten...bloß nicht!

Ein weiser Herr namens Erhard Blanck sagte einmal

Nachbar - etymologisch stammt es vom nahen Bauern.
Da wird mir so manches klar.

Mir ebenso. Lieber Herr Blank, Sie haben direkt ins Schwarze getroffen, meinen besten Dank!

Wir alle wissen: Die Welt ist voller Verrückten und Narren. Und wir alle wissen, dass man ihnen überall auf den Straßen begegnet. Denen begegnet man jedoch wohl nur ein-, zweimal im Leben. Dramatisch wird es, wenn die Nachbarschaft voll davon ist. Man kann es sich ja meist nicht aussuchen bzw. ahnt im Vorraus nicht, mit wem man Wand an Wand leben wird. Hätte man mich mit heutigem Wissensstand damals vor 20 Jahren gefragt, ob ich hier wohnen wolle, wäre ich wohl schreiend davongelaufen.

Nachbarn sind eine Thematik für sich. Man hat zwar direkt nichts mit ihnen zu tun, wenn man nicht will, doch sind sie zwangsweise ein Teil des Lebens. In meinem Wohnhaus leben sechs Parteien, einschließlich mir, und ich muss mir doch desöfteren ins Gewissen rufen, dass es keine Irrenanstalt ist. Wirklich und ganz ohne Übertreibung! Es gibt ja viele verschiedene Spezien von Verrückten. Davon haben sich fünf um mich herum angesiedelt, wenigstens bietet das etwas geistige Abwechslung. Ehrlichgesagt weiß ich gar nicht, bei wem ich anfangen soll, weiß ich doch bei allen nicht so recht, ob ich lachen oder besser weinen soll.

Im zweiten Stock - ganz oben -, wohnt das Ehepaar F. Ehepaar F. besteht aus einem Mann und einer Frau, Rentner. Man erinnere sich, wie lange ich bereits in diesem Haus lebe...Ich habe diese Personen höchstens zweimal gesehen, daher kann ich nur wenig über sie sagen. Der Sage nach fahren sie jedes Jahr über den Winter nach Malle. Keine Ahnung, ob dies der richtige Ort für ein Renterpäarchen ist, doch vielleicht lassen die beiden dort die Sau raus und schwingen ihr altes Tanzbein zu Michael Wendler, während Herr F. von zehn nackten Frisösen träumt. Kann natürlich den gewissen Schwung in die Ehe fernab der goldenen Hochzeit bringen.

Daneben im obersten Stockwerk und direkt über mir wohnt das Ehepaar O. Ehepaar O. ist das Paradebeispiel einer Gewohnheits-Ehe. Das Kind, eine Tochter mit schreckenserregendem Lachen, ist aus dem Hause. Dramatischerweise nahm sie den letzten Pepp mit sich. Zurück blieb ein Paar, das sich überhaupt nichts mehr zu sagen hat, das getrennte Schlafzimmer nutzt und das Hausarbeit grundsätzlich ohne Rücksicht auf Verluste ausübt. Samstag ist es wieder soweit: die Wäsche wird gewaschen, das Abwasser gluckert lautstark durch die maroden Rohre und der Staubsauger wird schwungvoll gegen Heizungen gehauen und es wird genüsslich über den Laminatboden gekratzt. Nächtliches Fensterauf- und anschließend wieder -zuknallen inklusive. Was für ein Service! Doch damit nicht genug, das ist ja noch äußerst harmlos. Lange dachten wir, wir selber sind die Verrückten, aber es ist wahr: Wie sie es auch immer anstellen, Ehepaar O. verspürt stets zum selben Zeitpunkt wie wir unendlichen Harndrang oder mehr. Oft scheint es mir, als gäbe es in unserem Badezimmer eine unsichtbare Schwelle. Wenn wir sie übertreten, dann wird bei Familie O. die Spülung betätigt. Klingt komisch, ist aber so! Nein, ich bin nicht verrückt! Habe ich doch sogar schon mit dem Gedanken gespielt, das Ereignis per Video festzuhalten, quasi als Beweis, doch das erschien mir dann zu verrückt.


Meine direkten Nachbarn sind vor etwa einer Woche eingezogen. Die Nationalität ist mir noch immer unschlüssig, doch gibt der Mann der Familie M. einen wunderbaren lauthalsen, bevormundenden Tyrann ab. Mit Rücksicht als Fremdwort - wohl nicht das einzige - werden auch zu früher Morgenstunde im Nachbarsraum die Kinder, die Frau oder die Welt angeschrien. Wenn der Tyrann endlich mal die Klappe hält, trampeln und schreien die Gören. Die Frau geht wohl unter, sie habe ich bisher noch nie gehört. Schlafen ohne Ohropax ist für mich nicht mehr möglich, eine wunderbare Sache, wenn man den Wecker nicht mehr hören kann. Und wenn sie nicht im Zimmer nebenan ihre lauten Organe benutzen, dann muss sich von geöffneter (übrigens stark quietschender) Wohnungstür in den Keller unterhalten werden - ist doch ganz logisch und vollkommen einleuchtend.

Ergänzt wird Familie M. übrigens ganz wunderbar von Familie M. (II) aus dem Erdgeschoss direkt unter mir. Liegt vielleicht am gleichen Anfangsbuchstaben, wer weiß. Das entwickelt vielleicht ein gewisses Zusammengehörigkeitsgefühl. Familie M. (II) hat vor anderthalb Jahren Nachwuchs bekommen: einen Jungen namens L. O Freude, L. lebt nun direkt unter meinem Zimmer, ist das schön! Schlimm genug, dass man vergeblich feststellen muss, dass dieses Exemplar die Baby-Schrei-Phase nach anderthalb Jahren noch immer nicht überwunden hat, nein, man kann auch noch nichts dagegen tun. Man sagte mir, normale Kinder schlafen in seinem Alter nachts durch. Natürlich ist L. nicht normal. L. nutzt die Gunst der Stunde und schreit sich hemmungslos zu später Stund' die Seele aus dem Leib, dass man manches Mal schon dachte, er würde abgeschlachtet auf grausamste Weise. Sprechen kann der Gute übrigens bis heute noch kein Wort. Normal ist das nicht, aber wäre er normal, würde er wohl nicht hier wohnen. Vielleicht würde ich auch andauernd schreien, wenn mein Vater mehr mit lautem Organ am Handy hängt, als dass er sich meiner Sprachentwicklung widmet.

Last but bestimmt nicht least: Das Ehepaar aus dem Erdgeschoss links. Der Ehemann, eine ganz arme Sau und völlig nicht erwähnenswert. Seine Frau, H., ein Bild von einer Frau. Ich verrate nicht viel, doch optisch ein Abbild Luise Koschinskys. Zugegeben, ich
weiß die Pracht ihres Charakters kaum würdig zusammenzufassen. Früher war sie wohl mal normal. Man kann nur spekulieren, was diese Frau derart veränderte. Heute ist sie nicht nur optisch alptraum- und höchst furchterregend. Nicht nur, dass sie mindestens 5x am Tag bei jedem Wetter und jeder Jahreszeit die Jacke anzieht, um Müll runter zu bringen, nicht nur, dass sie starke Stimmungsschwankungen hat und einen der stereotype Oma-Geruch allein beim Öffnen der Wohnungstür erschlägt, o nein - H. hat vor einigen Tagen eine neue Leidenschaft entdeckt: Sie reißt ohne Vorwarnung ihre Wohnungstür auf, sobald sie jmd im Treppenhaus vernimmt, fängt ihn ab und erzählt. Manchmal lässt sie bereits auf dem Balkon den sehnsüchtigen Blick nach einem "zufälligen" Gesprächspartner schweifen. Natürlich bekam sie so auch sehr schnell den Einzug der neuen Familie mit und klingelte bei ihnen, bevor diese überhaupt richtig eingezogen waren, um sich vorzustellen als Oma H. von unten. Um sicher zu gehen, mussten wichtige Informationen, die die Neuen mit Schrankwand auf den Schultern sicherlich brennend interessierten, mehrmals erwähnt werden. Nun weiß jetzt jeder, sie war mal Kinderkrankenschwester und lebt hier seit Neunzehnhundertnochwas...jedenfalls über 60 Jahre. Und sie war Kinderkrankenschwester. Und lebt hier seit über 60 Jahren. Und sie wohnt unten. Früher war sie einmal Kinderkrankenschwester.

Darunter ist Gott sei Dank nur noch der Keller, in dem höchstens einige Spinnen und Käfer ihr Unwesen treiben. Und meine vor Jahren verstorbene Spinne August, direkt neben unserem Keller. Ich glaube, August ist der Normalste hier.

Donnerstag, 11. März 2010

(M)Ein Tag in Berlin (2)

Nach all dem theatralischen Gesülze und hochtrabener Melancholie mit einem Schuss Poesie der vergangenen Blog-Einträge widme ich mich einmal wieder meiner Lieblingsstadt (für etwas Langsamere weise ich hier auf die Ironie hin) mit ihren Höhen und vor allem Tiefen: Berlin.

Eine sehr gefährliche Stadt. Vor allem für all Diejenigen mit Nerven auf Hochspannung. Der Schrecken lauert an und in jeder Ecke. Mal kauert dort ein bettelnder Obdachloser, mal lauert dort ein betrunkener Penner. Voraussehen kann man derartiges nur in den seltensten Fällen. Man sollte stets gewappnet sein mit stählernen Nerven, Muskeln und einer Nasenklammer. Ladies and Gentlemen, welcome to fabulous Berlin!

Die U-Bahnfahrt war das wohl Normalste; die Augen hatte ich permanent geschlossen, um keinen der mir Gegenübersitzenden ansehen zu müssen. Irgendwann hat man sich am Elend sattgesehen. Der Kampf in die S-Bahn war auch gekonnt zügig beendet und ein triumphierendes Grinsen formte die Lippen als man einen Sitzplatz ergattert hat. Doch für welchen Preis... Der Magen drehte sich, in die Nase kroch ein stechender Gestank, der nur sehr schwer zu beschreiben ist; Es hatte etwas von vor 500 Jahren vergammelten Käse, getrocknetem Schweiß, Dreck, Müll und Fäkalien. Ja, genau so und nicht anders. Der siegessichere Blick war schnell zu einem panisch nach der Quelle des Miefs suchenden Blick geworden und kurz bevor der Magen sich dreifach zu überschlagen und die Cornflakes herauszuwürgen drohte, war das Ziel gefunden: Durch den S-Bahn-Gang hinkte ein vermutlich Obdachloser. Mein Herz ist überfüllt von Mitleid, wirklich, aber in diesem Moment wünschte ich mir einfach nur Erlösung, denn mein Hals hatte sich bereits verdächtig zugeschnürt. Ja, es ist traurig, aber derart verkommen muss ein Mensch in Deutschland nicht. Der - ich umschreibe es einmal schonend - strenge Geruch blieb auch nach Verlassen des Auslösers hämisch im Wagon und so liebte ich die kalte Winterluft nach langem das erste Mal wieder von Herzen als ich ausstieg.

Aber es sollte noch besser kommen. Von Weitem schon sah ich etwas, das mir unpassend erschien so mitten auf dem Gehweg. Als ich näherkam konnte ich nicht anders als zu lachen. Dort stand ein Klo, auf direktem Wege platziert. Ein gebrauchtes wohlbemerkt. Das erkannte man deutlich an den bräunlichen Gebrauchsspuren in der Schüssel. Eigentlich hätte nur noch eine Klopapierrolle samt -halter gefehlt und man hätte direkt seine Sitzung starten können. Da hat doch einmal jemand an seine Mitmenschen gedacht, vielen Dank! An den Details kann man eben noch pfeilen. Großartig meckern konnte man nun wirklich nicht, hatte der Ex-Klobesitzer doch sogar eine alte Gardine um den nächsten Laternenpfahl gehängt.

Weniger Erfreuliches ereignete sich nun auf dem Rückweg. Allerdings kein Einzelfall. Eigentlich ist Uhrzeit, Ort und Gemütsverfassung ohne Bedeutung, ich persönlich verdrehe jedes Mal die Augen, wenn ich schon einen der drittklassigen U-Bahn-Musiker mit blödem Grinsen durch die Zugtüren kommen sehe. Nicht nur, dass man seine eigene Musik oder sein eigenes Wort nicht mehr versteht, nein, es ist zumeist einfach nur fürchterliches, billiges, unprofessionelles Geklimper und Geklirre, manchmal gepaart mit alptraumerregenden Gesangseinlagen. Ganz oben im Kurs ist dabei übrigens das Akkordeon, auf dem stets die selben drei Tasten gedrückt werden, die Trompete, mit ebenfalls höchstens drei variierenden Tönen sowie irgendwelche Trommeln. Heute wurde ich beispielsweise Zeuge einer ganz ausgeklügelten Darbietung: Im ersten Moment dachte man: Oh, das klingt ja mal nur schlecht und nicht furchterregend, doch dann die bittere Enttäuschung: Der Mann hatte wieder einmal nicht mehr als drei Tasten beherrscht und hatte sein mangelndes Talent einfach mit laufender CD plus Miniboxen im Rucksack überspielt und hielt dann auch noch sein Becherchen hin, um dafür belohnt zu werden. Kreativ, doch leider überwiegt hier der Grad an Armseligkeit. Das Schlimmste an der ganzen Thematik Bahn-Musiker ist aber, dass ich stets das Gefühl habe, einen unsichtbaren Magneten an der Arschbacke kleben zu haben. Fast bei jeder Fahrt steigt derartiges Volk in meinen Wagon. Da kann man beinahe anfangen, sich selbst zu bemitleiden...wo mein Herz doch an Mitleid überschwappt.

Nun hatte ich das Gedudel überstanden, bin raus aus der Bahn und hetzte zu meinem Bus. Die Fahrer sind bekanntlich nicht die Geduldigsten und die Freundlichsten sowieso nicht. Aber man war drin, in Gedanken schon zu Hause und da spürte man die verdächtige Magenrotation erneut... Inmitten all der älteren Herrschaften roch es stechend. Stechend nach Jauche, nach Gülle, man nenne es, wie man will. Das kommt im Bus eher selten vor, gebe ich zu, deshalb saß der Schock auch tief und drehte fröhlich das Innere mit. Zum Glück war die Fahrt kurz. Berlin ist zwar überfüllt an Technik, Hightech und Menschgeschaffenem, aber in Momenten wie diesen, in denen man die kalte, frische Luft in der Nase kitzeln spürt, da spürt man die Liebe zur Natur. Mitten in der Hauptstadt.

Mittwoch, 3. März 2010

Defekte Radiergummis

Es erreichten mich einige besorgte Stimmen nach meiner Andeutung im letzten Eintrag, diesen Blog fortan unberührt zu lassen. Das hat mir wirklich geschmeichelt und ich kann diese Gemüter beruhigen: Natürlich wird man mich nicht so schnell los. Ich habe ein sehr ausgeprägtes Nörgel-Gen, schon vergessen? Und das strebt nach exzentrischer Auslebung.

Dieser Eintrag soll nun aber eher in Melancholie und Schwermut getunkt sein. Die Thematik schwirrt den verdammten langen Tag schon in meinem Kopf herum und nun, zu später Stund', möchte ich die Gedanken virtuell in der Luft zerreißen und somit aus meinem Denkorgan verbannen.

Kann man einen Menschen aus seinem Leben streichen? Ausradieren aus dem Gedächtnis? Dass nichts übrigbleibt, nicht einmal der Fussel des Radiergummis? Die Gründe können so unterschiedlich sein, die Nähe dieser Person ebenso. Freund, Feind, Familie, Verräter, verflossene Liebe. Alles ist möglich. Aber auch das Vergessen? Ich habe es schon öfters bei anderen erleben müssen, wie sie mich krampfhaft aus ihrem Leben verbannen wollten. Ob es einem davon gelungen ist, kann ich nicht sagen. Doch habe ich mich selbst ebenfalls dabei ertappt, so wie jeder, der dies liest wohl auch. So streift doch ein Jeder auf seinem Weg einmal einen Menschen, der ihm so wehtut, der ihm so wider ist, dass man sich wünscht, ihn nie kennengelernt zu haben. Doch wie bekommt man diesen Jemand aus der Seele? Der erste Schritt ist der sogenannte Schlussstrich, den man ganz umgangssprachlich und allgemeingültig zieht. Die einen verkünden dies laut, die anderen behaltens schweigend für sich und tun es einfach. Der zweite Schritt ist der Kontaktabbruch. Die totale Isolation vor der scheinbaren Gefahr. Man lasse ihm bloß keine Chnace, noch einmal in Kontakt treten und irgendeine Stellung nehmen zu können. Schritt drei: hassen. Nach einer gewissen Zeit sollte man von Gleichgültigkeit zu Hass übergehen. Ich schätze, das macht es leichter. Denn man kann nicht ewig den Hass auf nur eine Sache - Glückwunsch, die Person ist inzwischen zur "Sache" degradiert worden - forciert haben. So wendet sich das Gemüt ab und man vergisst. Man vergisst diesen Menschen.

Aber die Theorie lügt oft. So einfach ist es leider nicht. Es sei denn, in der Brust hängt lediglich ein dicker Steinklumpen auf halb sieben. Ich glaube, man kann niemanden vergessen. Und umso mehr man es sich wünscht, umso deutlicher wird das Bild dieses Menschen vor dem geistigen Auge sein. Vielleicht verblasst es eines Tages, aber es wird nicht verschwinden.

Ich denke gerade an einen Menschen, der mich vor einigen Tagen aus seinem Leben verbannt hat. Und ich frage mich, ob du noch an mich denkst. Ob du dich schon neu tröstest und ob du der Theorie doch ein wenig bittere Wahrheit einhauchst. Ich frage mich, ob du es schaffst, mich aus deinen Erinnerungen und deinen Gedanken fort zu radieren, wie einen fehlgezeichneten Strich einer Zeichnung. Ob dein Herz still ruht, wenn du im Supermarkt mein Lieblingsgetränk siehst oder meine Lieblingsband hörst. Doch eine Antwort würde die Theorie wieder in Frage stellen, also werde ich keine bekommen. Ich weiß nur meine Antwort: Nein, ich werde niemals vergessen.

Mittwoch, 24. Februar 2010

Zum Thema (Ab-)Grund

Dieser Beitrag wird nicht lang, nicht nett, aber er ist ehrlich. Ehrlicher denn je. Vielleicht werden es meine letzten Worte sein, die ich mittels dieser Plattform veröffentlichen werde, also atmet tief ein und geht sparsam mit diesem letzten Atemzug um.

Die meisten kennen es wohl, wenn man denkt, man sei ganz unten angelangt, man hätte die Unschuld kotzen sehen und man brüstet sich später damit, dem bösen Abgrund entkommen zu sein. Und dann kommt aus heiterem Himmel ein langes Bein mit Springern mit fetter Stahlkappe, die dir in den Hintern treten und dich hinab katapultieren. Am Klippenrand festhalten unmöglich bei einem solchen Tritt. So fliegst du einmal wieder auf die Fresse, aber diesmal richtig. Die Schürfwunden und blauen Flecken werden heilen, doch die inneren Schäden wird auch die Zeit nicht heilen können. Zurück werden schmerzhafte Narben bleiben, an die du dich jedes Mal erinnerst, wenn dein Herz sich einschaltet. So wirst du dir schnell wünschen, es würde einfach nicht mehr schlagen.

Nur...Wie kann ein Mensch sich so verhalten? Was kann ein Grund dafür sein, einen anderen Menschen, von dem man vielleicht sogar weiß, wie schwer sein Herz bereits schlägt, von einem auf den anderen Moment fortzustoßen und ihn wie ein Stück Dreck liegen zu lassen. Und darüber vielleicht noch zu lachen. Es ist das schlimmste Gefühl, einfach weggeworfen zu werden. Sich ausgesondert zu fühlen. Und es ist ein noch schlimmeres Gefühl, nicht zu wissen, warum. Dabei gibt es gar keine Steigerung von am schlimmsten. Wenn dich ein Mensch wegtritt und urplötzlich mit aller Macht aus seinem Leben zu schaffen versucht, ohne dir einen Grund zu nennen (außer Du hast es so hinzunehmen ist deiner Meinung nach eine ausreichende Begründung), was tun mit einer solchen Person? Du hast diesem Menschen gezeigt, was er dir bedeutet, auch wenn du deine Zeit dafür brauchtest. Du hast ihm das Herz auf Händen serviert und er wirft es zu Boden und tritt als Krönung noch einmal drauf. Ohne Grund. Einen Augenblick zuvor hast du mit diesem Menschen Pläne geschmiedet und sicherlich ging es dort nicht darum, was für ein unwichtiges Stück Dreck du eigentlich bist für ihn. Du fühlst dich wie in einem Alptraum der übelsten Art gefangen, zwickst dich tausendmal und willst einfach nicht einsehen, dass es wirklich Menschen wie diesen gibt. Ohne Grund.

Ich würde dir gerne das Herz rausreißen, es in der Hand zerreißen, anschließend draufkotzen und es dir wieder einsetzen. Danach würde ich nochmal draufkotzen und dir dann ins Gesicht spucken. Einen Menschen fallenlassen ist eine Sache. Einen Menschen fallen zu lassen, obwohl man von seinen Wunden auf der Seele weiß, ist eine andere Sache. Einen verletzten Menschen fallen zu lassen und ihm keinerlei Grund dafür zu nennen, weil man zu feige oder zu dumm ist, das ist unverzeihlich und zeugt nicht nur von Unreife, sondern auch von tiefer Herzlosigkeit. Ich wäre wie du, wenn ich mir an dieser Stelle wünschen würde, irgendjemand würde das gleiche mit dir machen. Und dann nochmal nachtreten. Ich frage mich, warum es Menschen wie dich gibt.

Dafür finde ICH nun keinen Grund.

Sonntag, 14. Februar 2010

Mein Rotwein und dein Popo passen großartig zusamm'

...denn wenn ich dein Hintern seh, denk ich, der Mond is aufgegangen!

Oh, ich sehe die entgleisenden Mienen schon vor meinem geistigen Auge...und dennoch - oder gerade weil diese Vorstellung meinen geistigen Sehnerv derart verführerisch kitzelt - werde ich dieses Thema voll und ganz aufgreifen und ausbauen. Die sehr sensiblen Gemüter lesen diesen Blog besser nicht. Und wenn sie es doch tun, dann möchte mir bitte keiner vorwerfen, ich hätte nicht davor gewarnt.

Deutschland eifert Amerika nach. Wir lassen alles herschwappen, wir benutzen unheimlich modern klingendes Denglisch, wir tragen Kleidung inspired by the USA und... wir stehen Amerika in Sachen Fettleibigkeit in nichts nach. Und da sind wir schon beim causus- äh fettus knacktus: Deutschland geht auf wie ein Muffin in der Mikrowelle. Wohin man auch schaut, es ist überall; dicke Kinder, dicke Jugendliche, dicke Erwachsene. Im Fernsehen, auf der Straße, in Schulen und auf dem Arbeitsplatz. Man wird überall damit konfrontiert - in der Masse mit der Masse.

Menschen, die wirklich nichts dafür können aufgrund von Krankheit oder massiven psychichischen Gründen, sind natürlich nicht gemeint!
Es ist mir völlig egal, wie und was jeder Mensch in sich reinstopft, ob er sich bewegt oder nicht, denn jeder muss allein mit seinem Körper leben, aber bitte - warum um Himmels Willen muss man seinen XXL-Hintern dann in eine Jeans Größe M quetschen?! Presswurst ist da noch ein schmeichelndes Kompliment, meine Damen und Herren. Ich sehe so oft Menschen auf der Straße rumeiern, deren drei Buchstaben doppelt so breit sind wie der Rest, die diese Unform aber zu betonen meinen müssen. Es will sich in meinem Kopf einfach keine logische Erklärung finden für dieses, sagen wir mal, Phänomen. Gerade vorgestern saß ich im Bus, blickte nichtsahnend aus dem Fenster und konnte direkt nichts mehr vom Schaufenster dort erkennen. Die Sicht wurde mir blockiert von einem prall verpackten Gesäß. Ich hätte gern umgehend den Nothammer gegriffen, die Scheibe eingeschlagen, wäre rausgesprungen und hätte der Dame eine Decke über den Leib geworfen.

Immer mehr Menschen in Deutschland gehen in die Breite. Dabei seien neunmalkluge Diättipps und/oder wüste Charakteranalysen jetzt mal völlig außen vor, es geht mir allein um das Kleidungsverhalten. Und das verstehe ich bei vielen nicht. Ich kenne keinen Normalgewichtigen, den es antörnt, wenn man aufgrund des engen Oberteils nicht mehr erkennen kann, wo ein Körperteil anfängt, wo Brust und Bauch enden. Wenn ich mit unzähligen offensichtlichen Würstchen unterm Shirt konfrontiert werde - und ich bin Oomph!-Fan, spreche also aus Erfahrung - dann möchte ich brechen. Es wird ja dann des öfteren mal verkündet: Ich fühl mich ja so wohl in meinem Körper! Der Mensch neigt dazu, sich selbst zu belügen. Natürlich fühlt sich der Großteil nicht wohl in seiner Haut. Selbst wenn man den optischen Effekt ausblenden würde, blieben da gesundheitliche Einschränkungen. Dicksein ist nicht gut, egal, wie sehr man sich es einzureden versucht. Ich persönlich würde niemals mit dem Finger auf einen Übergewichtigen zeigen (selbst in hautenger Kleidung) und ihn verhöhnen und beleidigen. Aber da gibt es genug, das muss ich nicht weiter erläutern. Einige dieser Personen kann man mit Sicherheit bereits von sich halten, indem man sich angemessen kleidet. Medium ist eben medium und x-tra large heißt nicht grundlos so. Ich finde, es gibt durchaus atrraktive Menschen mit mehr auf den Hüften. Die hängen dann aber nicht dem kuriosen Gedanken nach, man kriege die dicken Beine schon noch irgendwie in die gute alte Röhrenjeans. Nein, bitte bitte nicht! Es gibt in nahezu jedem größeren Kleidungsgeschäft eine Abteilung mit wunderbarer Mollimode. Die ist auch nicht teurer und erspart verbale Vergewaltigung in der Öffentlichkeit. Und ich kann mir einen solchen Blog sparen.

Wer nun denkt, ich hasse dicke Menschen, habe hier böswillig über sie abgelästert und man müsse mich nun ebenso böswillig beleidigen, der halte doch bitte eine Sekunde inne, schalte das Hirn ein und lese den Blog noch einmal. In diesem Sinne: Bussis für alle!