Dienstag, 13. Juli 2010

SCHLAAAND!

Juchey juchey, die WM ist vorbei. Deutschland ein weiteres Mal mit einer dürftigen Leistung im entscheidendsten Spiel ausgeschieden, aber ganz nach dem Motto knapp daneben ist zwar vorbei, aber wer will schon den offiziellen Meistertitel, wenn man Deutschland einmal wieder als Meister der Herzen bezeichnen kann! Natürlich ist das viel besser, klingt ja auch schöner. Wo ganz Deutschland sich bereits auf dem Siegertreppchen ganz oben sah, ist der dritte Platz plötzlich genauso toll oder sogar noch besser, man möchte ja nicht übertreiben. Immerhin... nicht? Immerhin! Das zweite Mal in Folge Weltmeister der Herzen, welches Land kann da schon mithalten!

"Das war eine riesn Gaudi!" , findet der allgemeine WM-Anhänger. Ich finde das nicht. Aber ich bin und war dieses Mal ja auch der WM-Miesepeter. Für mich war es ein wenig zu viel Sommermärchen im Jahr 2006 und von einer Überdosis braucht es nun einmal seine Zeit zu regenerieren. Tatsächlich habe ich am Ende aber doch drei Spiele geschaut, eins davon sogar Halb-Publicviewing im Garten mit Freunden. Da bin ich meinem Titel also nicht allzu gerecht mit geworden, auch wenn ich stets betont habe, wie egal mir ist, wer was gewinnt. Doch das Trauma allein war nicht schuld an meinem Boykott des fast jämmerlich versuchten zweiten Teils des Sommermärchens, nein - Es war eben dieser gerade zitierte allgemeine WM-Anhänger. Der Fußballfanatiker auf Zeit. Der Fan ohne Ahnung. Ja, ich wage zu behaupten, der Mitläufer! Wenn Halbwissen gefährlich ist, was ist dann Mitläuferwissen? Nichts, richtig. Der allgemeine WM-Anhänger hat sich zur Feier des Anlasses hübsch geschmückt, trägt eine Deutschland-Flagge als Umhang um die Schultern, eine schwarze, kurze Hose mit roten Socken und gelben Schuhen und hat sich auf die Wangen jeweils eine Deutschland-Flagge gemalt (oder seit neustem direkt per Stempel). Die ganz Euphorischen runden ihren Style mit einem lustigen Hut in Form eines Fußballs (oder ganz kreativ mit Deutschland-Flagge) ab. Spiele der Meister ihrer Herzen werden natürlich ausschließlich Publicviewing geschaut. Es wird gejubelt, geschimpft und sogar geweint. Warum, das weiß keiner von ihnen so genau. Warum das jetzt kein Tor war, als der Schweini den Pass vom Poldi angenommen hat und vor ihm kein Gegenspieler mehr stand, versteht keiner. Abseits - das hat man mal gehört, ist aber doch vollkommen zweitrangig. Dabeisein ist doch schließlich alles. Nein, lieber allgemeiner WM-Anhänger, das ist nicht alles. Denn weniger als Halbwissen ist nicht nur gefährlich, sondern auch ein wenig lächerlich, wenn dann doch einmal einer dazwischen ist, der Fußball nicht nur plötzlich mag, wenn alles und jeder vom Sommermärchen spricht.

Lange Rede, kurzer Sinn: Ich finde den allgemeinen WM-Anhänger zum kotzen. Ich weiß nämlich, was ein Abseits ist. Oder eine Flanke. Oder wie lange ein Spieler gesperrt ist. Zum kotzen find ich auch den Nationalstolz auf Zeit. Wird man während der Wochen der Weltmeisterschaft mit Fahnen in schwarz-rot-gold geradezu erschlagen und hat sogar Opa Günther von gegenüber eine Flagge am Fahrradlenker, lässt man jeglichen Stolz auf sein Land davor und danach besser gut verschlossen im Keller. (Dümmliche) Parolen und Gesänge beim Deutschlandspiel als Voraussetzung, zu anderen Zeiten - nein, da ist man dann Nazi. Alles etwas paradox, wenn man mich fragt. Aber macht ja mal wieder keiner. Man lebt lieber in seinem Sommermärchen unter gleichgesinnten Ahnungslosen mit Vuvuzelas. Die find ich übrigens auch zum kotzen.

Flaggen gerne zu mir. Ich habe nämlich immernoch meinen Nationalstolz und das nach der WM! Verdammter Nazi.

6 Kommentare:

  1. Bloss nicht zu vergessen sind diese tollen Schwarz-Rot-Goldenen Blumenketten, auch ein Muss fuer jeden 'echten' WM-anhaenger hier!

    AntwortenLöschen
  2. Stimmt! Schande über mein Haupt, dass ich dieses wunderbare Accessoire vergessen habe!

    AntwortenLöschen
  3. Es ist geradezu lächerlich, da muss ich dir Recht geben.
    Jede modefanatische Tussi, die noch kein Mensch ungeschminkt gesehen hat, nachdem ihr 10.Geburtstag verstrichen ist, rennt schwarz-rot-gold[Eigentlich ja immernoch Gelb] geschmückt durch die Gegend, pöbelt Menschen an, die auf eine Niederlage spekulieren, sehen jedes Spiel im Public Viewing und kommen am Tag nach der Niederlage nicht aus dem Haus weil sie verheult sind.
    Nicht zu fassen!

    AntwortenLöschen
  4. Auch waren die Deutschlandfähnchen auf dem Gebäck in Bäckerreien sehr amüsant.
    Nicht zu vergessen die ständigen Gewinnspiele im Edeke, wo man Deutschland-Vuvuzelas gewinnen konnte. Oder die "WM-Autowäsche".
    Unendlich viele Beispiele gibt es; hauptsache, die Masse kauft weiter ein in ihrem Hype. ;)

    Wunderbarer Beitrag, den ich sehr genossen habe!

    AntwortenLöschen
  5. Du sprichst mir aus der Seele.

    AntwortenLöschen
  6. Und du hast die tausend halbbesoffenen Fans vergessen, die nach jeder Niederlage die Gegner mit "Assis" beschimpfen und sagen, dass "ja der Schiedsrichter echt parteiisch war"! Und die schönen Schlachtlieder wie "Endsieg, Endsieeeg!"
    Wie ich es vermisse!

    AntwortenLöschen