Dienstag, 18. Januar 2011

Allein mit dir

Die Zurufe für ein frohes neues Jahr sowie all jene damit verbundene Wünsche erspare ich dem Leser an dieser Stelle, denn wie wir alle inzwischen gemerkt haben sollten, werden persönliche Vorsätze bereits heute - in der dritten Woche des neuen, hoch angepriesenen Jahres - vergessen und über Bord geworfen sein, wo sie auf dem Boden der Tatsachen elendig vergammeln. Ja, so ist das Leben könnte man nun zusammenfassend sagen. Das neue Jahr hat man bereits einen Tag, bevor es überhaupt begonnen hat, gefeiert und gepriesen, ohne zu ahnen, was es bringt. Das neue Jahr wird nicht besser, weil man Raketen und sonstige Fontänen in die Atmosphäre und Mutter Erde damit zur Feier des Jahresbeginns sogleich mitten in die Fresse ballert. So viel zu verschwendeten Worten von Vorsätzen, falschen Versprechungen und Feuerwerk. Das war eigentlich nur die Einleitung. Willkommen im nächsten Jahrzehnt. Auch hier dreht sich die Erde weiter, auch hier gibt es Verpflichtungen, auch hier bist du allein mit dir.

Allein - ein weiter Begriff, der doch nicht mächtiger sein könnte. Was ist alleinesein, wo fängt es an und wo hört es auf? Gibt es das überhaupt oder gibt es nichts anderes? Ich sitze in meiner Wohnung, kein Besuch. Nur das Ticken der Uhren und sonst nichts. Sonst Stille, ich bin allein. Es gibt Augenblicke, da liebe ich es, wenn die Welt schweigt. Wenn niemand da ist, den ich ansehen, auf den ich reagieren muss. Wenn niemand da ist, der registriert, dass ich überhaupt existiere. Das sind Momente des einsamen Glücks. Und dann gibt es solche, in denen die äußere Leere sich mit dem Inneren verbindet und aushüllt mit Nichts. Das sind die anderen Momente. Über die man nicht gerne redet. Jeder kennt diese Momente, doch wird stets der "andere" Moment überwiegen, wenn man eines Tages vielleicht rückblickend sein Leben analysiert und anschaut. Wir werden allein geboren und wir sterben allein. Natürlich kann es Menschen geben, die uns die Hand halten, während wir entschlafen, doch all jene Menschen, die unseren Lebenspfad kreuzen - Freunde, Partner, Familie - sind nichts als Begegnungen, die uns ein Stück begleiten. Auch wir sind für sie nichts anderes. Ein Freund sagte einmal zu mir, dass wir alle - jeder für sich - in einer eigenen Welt leben und man lediglich die des Anderen berührt, im besten Fall ein wenig bereisen kann, aber uns all unser Bemühen, all unsere Fassade niemals vor dem einsamen Abgang bewahren wird. Ich sage nicht, dass diese Begegnungen nicht bereichern oder nicht wunderbar sein können. Nur ändert sich dadurch nichts an dem menschlichen Schicksal, auch wenn dies ein durchaus fragwürdiger Begriff ist, den ich aber in diesem Zusammenhang doch gern verwenden möchte.

Während ich diesen Text so ganz allein in meiner Wohnung tippe und nichts als das leise Ticken der Uhren vermischt mit dem wilden Tippen auf meiner Tastatur vernehme, fühle ich mich nicht wohl. Doch sollen uns in diesen Momenten die Gedanken trösten. Gedanken, Erinnerungen lassen uns ein wenig weniger allein dastehen und erinnern uns zugleich daran, wie wichtig es ist, zu leben.

Den Weg der Wahrheit müssen wir alleine gehen, auch wenn alle mitkommen. (Bernhard Steiner)

3 Kommentare:

  1. Klingt ein wenig so, als sprächest du mir momentan aus der Seele. Auch wenn ich nicht alleine zuhause sitze, mich jedoch so fühle. Wunderbarer Text. Ehrlich.

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  2. Du weißt ich mag deine Texte und auch dieser ist wirklich wieder echt schön geworden. Du schaffst es immer sehr gut die Wahrheit zu analysieren und sie nieder zu schreiben, dies fasziniert mich so. Wenn man deine Texte liest denkt man sich neben bei "Oh ja, das Gefühl kenn ich"
    Du sprichst den leser an, auch wenn du eigentlich aus deinem Leben erzählst, merkt man, dass es einem nicht anders geht.
    Hab mich gefreut wieder was von dir zu lesen.
    Weiser Noah.
    <3
    Tascha

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  3. Nichts als deine Worte, Noah.

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