Donnerstag, 10. Dezember 2009

(M)Ein Tag in Berlin

Ich halte nicht viel von Berlin. So viel sei vorweg gesagt. Ich habe übrigens alles Recht der Welt für diese Einstellung, denn ich lebe bereits seit nun 18 Jahren hier. Wenn du nun voll in love mit Berlin bist, dann zieh schon mal die Augenbrauen zu böser Miene zusammen... Angriff!

Berlin. Da denken die meisten an das Brandenburger Tor, an den Alexanderplatz (in der Szene auch kurz: Alex), Leben, Multikulti, Clubs, toll, tri-tra-trulala. Ja, das ist es wohl. Als Besucher. So wie die Ausstellung "Körperwelten" für viele vielleicht tritratrulala ist, doch darin leben möchte trotzdem niemand. So ist es auch mit Berlin. Ja, wirklich!


Ich stehe auf, spät, viel zu spät. Und komme auch viel zu spät los. Mit Entsetzen blicke ich auf die Uhr: Es ist bereits nach 15 Uhr, bedeutet: Feierabendverkehr! Mit großer Freude im Gepäck bin ich nun zum weihnachtlichen Einkauf losmarschiert Richtung U-Bahn. Als wolle der Himmel mein Inneres widerspiegeln, ergießt er sich über meinem Haupt. Die Autofahrer sind hier genauso rücksichtsvoll wie die Fußgänger und so kann ich nur knapp einer Wasserwelle entwischen, als ich am Straßenrand zur Seite springe als ein Auto schön mit Schmackes durch eine nicht übersehbare Pfütze brettert. Herrlich. Die U-Bahn kommt tatsächlich pünktlich und es ist noch überschaubar leer. Ein Sitzplatz, juchey! Direkt gegenüber des griesgrämig dreinblickenden Opas. Jeder starrt mich an, als hinge mir ein dicker Popel unter der Nase. Ja verdammt, ich habe drei Piercings! Wenn ich für jede doof glotzende Person einen Euro bekäme, hätte ich davon schon locker meinen Führerschein bezahlen können. Ich steige aus und renne inzwischen mit der Masse Richtung S-Bahn. Der Bahnhof ist ein Knotenpunkt in Berlin, über den ich irgendwann noch einen eigenen Blog verfasse. Das würde die Zeilen hier sprengen und ablenken und das wollen wir ja nicht. So erreiche ich den Bahnsteig und denke: Okay, es ist Feierabendverkehr, kein Grund, aggressiv zu werden. Alles wie immer. Der Bahnsteig ist vollgestopft von Menschen, keine freie Lücke mehr. Als gäbe es etwas umsonst. Merkwürdigerweise müssen sich natürlich grundsätzlich all diejenigen, die auf eine andere Lücke inmitten der Menge hoffen, an mir vorbeidrängeln. Schubsen, schieben, drücken, hab ich irgendwie ein Schild mit der Aufschrift "Drängel mich" an der Stirn kleben? Manchmal glaube ich wirklich, ich bin ein Idiotenmagnet.

Nach 5 Minuten kommt die Bahn, proppevoll. Und ich frage mich, wie um Himmels Willen die Menschen um mich herum da noch reinpassen sollen. So schaue ich zu und bleibe mit der Hälfte der Menschen auf dem Bahnsteig stehen und der Zug fährt weg. Gut, denke ich ganz clever, kommt ja gleich der nächste und der ist dann leerer. Pustekuchen! Nach erst 5, dann 6, dann 8 Minuten kommt die nächste S-Bahn: voll. Ich spüre, wie meine Gesichtszüge entgleiten. Gut, denke ich wieder clever, bin ich halt klüger als alle hier und fahr mit dem RE die zwei Stationen. Nach dem Marsch zum anderen Bahngleis darf ich lesen, dass dort kein Zugverkehr ist. Berlin olé! So entschließe ich mich für einen Umweg mit U-Bahnen, komme am Alexanderplatz an und hätte mir die 50 Minuten sparen können. Aber gut, denke ich.

Dort erwartet mich das gewöhnliche Übel: Bettelnde Straßenpunks. Ich hasse den Muffgestank von nassem Hund. Im Regen steuere ich auf das Alexa, ein Einkaufscenter, zu und kann gerade so durch ein lautes, fast hilfloses "Nein!!!" einer Dame irgendeinenes Wohltätigkeitsvereins entfliehen, die mich gekonnt abfangen will. Es ist voll. Kaum zu glauben, dass derart viele Menschen unterwegs sein können. Und alle glotzen. Erste Zweifel, vielleicht doch ein Popel? Nein. Und wie es nun so sein sollte, finde ich in dem Laden, wegen dem ich diese Reise extra auf mich genommen habe, nichts. Und während ich mit hastigem Schritt durchs Center marschiere und mich innerlich über die Leute aufrege, die grundsätzlich wie besoffen durch die Gegend laufen, frage ich mich, was mich wohl auf dem Heimweg erwartet.

Überraschenderweise dank kleiner Tricks nicht viel. Nur wieder ein griesgrämig schauender Opa, der mir in der U-Bahn gegenübersitzt und glotzt. Alles wie immer, danke ich, steige aus und geh den restlichen Weg nach Hause. Es hat aufgehört zu regnen.

Berlin hat aber auch schöne Seiten, das sei auch gesagt. Will ja nicht so miesepetrig wie der Opa rüberkommen.

1 Kommentar:

  1. Jaja, das 'gute' Alexa :'D
    In dem man für schlappe 300 Euro 'ne komische riesen Hello Kitty kaufen kann, wer auch immer sowas braucht :D
    Schön ist's auch, wenn man von komischen Menschen halb die Rolltreppe runtergestoßen wird, die's nicht abwarten können mit ihren 500 Tüten den Rest auch noch unsicher zu machen.
    Und ich glaub mir saßen dieselben Opas gegenüber, als wir 'etwas gut gelaunt' zu 'nem Konzert gefahren sind letzte Woche. :D

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